Im Jahr 2024 gibt es die DRGs (Diagnosis Related Groups - Diagnosebezogene Fallgruppen) nun seit 20 Jahren. Zeit sich im ersten Teil des Buches dem Einführungsprozess kritisch zu nähern. Die Studie beschäftigt sich mit der Ausgangslage bei der Krankenhausfinanzierung durch das Krankenhausfinanzierungsgesetz von 1972 (Selbstkostendeckung), den ideologischen Vorarbeiten zu den jeweils folgenden Gesetzesänderungen, mit den gesetzlichen Schritten der Einführung und mit den Positionen der wesentlichen gesellschaftlichen Akteure und der Politik. Sie ordnet dies in den allgemeinen gesellschaftlichen Trend des Neoliberalismus ein. Die entsprechenden Texte werden dargestellt und kommentiert.
Kernthese: Die Einführung der DRGs begann bereits ab Anfang der 1980er Jahre. Weitere Ergebnisse: Die Veränderung der Krankenhausfinanzierung erfolgte nach einem in den Grundzügen feststehenden klaren Plan. Ziel war die neoliberale Umgestaltung eines wichtigen Bereichs der Daseinsvorsorge in einen Wirtschaftszweig. Hauptmittel der Umgestaltung war die Entfaltung des Wettbewerbs unter und zwischen den Krankenhäusern und den Krankenkassen. Gab es anfangs noch eine breite Unterstützung für die Selbstkostendeckung bröckelte diese unter dem neoliberalen Dauerfeuer zunehmend. Grundsätzliche Kritik an den DRGs gab es – bis auf wenige Ausnahmen – erst wieder ab Mitte der 2010er Jahre (Beschlüsse ver.di-Bundeskongress 2015 und Wahlprogramm der Linken 2013).
Seit Jahren drängen transnationale Konzerne, hinter denen häufig große Finanzinvestoren stehen, immer stärker in den Gesundheitsmarkt und treiben die Finanzialisierung der Branche in Europa voran. Der zweite Teil des Buches zeigt dabei: Investoren wählen die lukrativen Bereiche des Gesundheits- und Pflegemarktes und überlassen die weniger profitablen medizinischen und pflegerischen Leistungen den öffentlichen Trägern. Die Zauberworte heißen Public Private Partnership oder Private-Equity.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Im Gesundheitssektor besteht ein geringes Risiko bei gleichzeitig hohen Wachstumserwartungen. Die Nachfrage ist fast vollkommen unelastisch, krisensicher und stetig steigend. Die Lebenserwartung steigt, der Lebensstandard ist hoch oder wächst, wie in osteuropäischen Ländern.
Die Studie zeigt beispielhaft für Europa, wie dieser Prozess vonstattengeht und welche Folgen er zeitigt. Dafür werden die Konzerne Asklepios (Deutschland, Griechenland), Helios-Fresenius (Deutschland, Spanien), Ramsay Santé (u.a. Norwegen, Schweden, Frankreich), Penta Hospitals International (u.a. Polen, Tschechien, Slowakei) näher beleuchtet.
Das Buch ist als Verlagskooperation beim Verlag Westfälisches Dampfbooterschienen.
Autor*innen:
Thomas Böhm war im Klinikum Stuttgart als Chirurg tätig. Dort war er bis 2011 auch Personalratsvorsitzender und ver.di-Bezirksvorsitzender in Stuttgart. Für ver.di ist er Mitglied im Landeskrankenhausauschuss der Landesregierung und im Verwaltungsrat des Klinikums Stuttgart. Er arbeitet aktiv im Bündnis «Krankenhaus statt Fabrik» mit und beschäftigt sich seit Jahren schwerpunktmäßig mit den Themen Krankenhausfinanzierung und Krankenhausplanung.
Kathrin Gerlof hat 30 Jahre als freie Journalistin und Autorin gearbeitet, u.a. als Chefredakteurin der Monatszeitung «OXI Wirtschaft anders denken». Seit Januar 2024 ist sie Referentin für Kultur und Demokratie bei der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus.
Stephan Kaufmann arbeitet in Berlin seit 30 Jahren als Wirtschaftsjournalist für den Rundfunk, Tages- und Wochenzeitungen. Für die Rosa-Luxemburg-Stiftung erstellte er verschiedene Studien und Bildungsmaterialien zu den Themen Eurokrise, Finanzmärkte, Autoindustrie und «grüner» Kapitalismus.
Sigrun Matthiesen ist freie Journalistin und befasst sich seit längerem mit dem Themenbereich Gesundheitsversorgung. Sie engagiert sich unter anderem im Bündnis «Gesundheit statt Profite» Berlin.