Publikation Staat / Demokratie - Stadt / Kommune / Region - Kapitalismusanalyse - Commons / Soziale Infrastruktur - Westeuropa Linke Kommunalpolitik in der Krise

Auswirkungen der EU-Politik auf Kommunen in Europa. Manuskripte (Neue Folge) 11

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Erschienen

Oktober 2014

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Im November 2013 trafen sich in Luxemburg kommunale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger aus Deutschland, Luxemburg, Belgien, Frankreich und den Niederlanden. Auf der Fachtagung wurde intensiv über die Handlungsfähigkeit der Kommunen angesichts der Finanzkrise beraten. Banken, Versicherungen, Rentenfonds, all das war bereits längere Zeit im öffentlichen Fokus. Sogenannte Rettungspakete, stattliche Bürgschaften, Umschuldungen, Bad Banks u. a. wurden zu deren Entlastung zum Einsatz. Hunderte Millionen Euro standen quasi über Nacht zur Verfügung. 

Wie sich veränderte Finanzbedingungen aber auf die unterste Ebene der Gesellschaft, die Kommunen, auswirken, stand bislang viel zu wenig im öffentlichen Interesse. Welche Auswirkungen beispielsweise hatten eingeschränkte Kreditrahmen auf die Investitionstätigkeit, welche Vorhaben konnten wegen abgespeckter Förderprogramme nicht realisiert werden oder welche Folgen ergaben sich aus Public-Private- Partnership-Projekten unter den Bedingungen der Finanzkrise? Erfahrungsaustausch auf internationaler Ebene ist hier also dringend geboten. Dem hat sich die Tagung in Luxemburg gestellt. [...]

Lebenswerte Kommunen sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Maßstab dafür sind die Aufgaben, die durch die kommunale Ebene zu leisten sind. Beschrieben werden diese am besten mit dem Begriff der öffentlichen Daseinsvorsorge. Dazu gehören die Versorgung mit Energie, Wasser, bezahlbarem Wohnraum, Angeboten des Öffentlichen Personennahverkehrs genauso wie die Entsorgung von Abwasser und Abfall, aber auch die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung und Bildung. Unter öffentlicher Daseinsvorsorge verstehen wir aber ebenso eine bürgernahe Verwaltung sowie die Sicherung kultureller und sportlicher Einrichtungen. 

Das ist der Idealzustand, die Realität sieht vielerorts anders aus. Linke kommunale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger verstehen sich aber gerade nicht als Verwalter des Mangels. Sie orientieren sich an den Bedürfnissen der Menschen und arbeiten darauf hin, die Bedingungen für mehr soziale Gerechtigkeit und wirkliche Teilhabe an der Gesellschaft zu verbessern. In diesem Zusammenhang unterstreichen sie die Notwendigkeit einer Stärkung unterschiedlicher Formen aktiver Bürgerbeteiligung und damit eines Ausbaus partizipativer Demokratie von unten. [...]

Als Fazit der Tagung bleibt festzuhalten: Internationaler Erfahrungsaustausch ist eine Investition, deren Wert nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die Analyse der Situation einer Mehrheit von Kommunen und damit des immer weiter eingeschränkten Handlungs- und Entscheidungsspielraums kommunaler Verantwortungsträger erfordert linke Alternativen, die bei einer Neudefinition von Prioritäten nicht stehen bleiben darf. Der Rahmen kommunalen Handelns muss sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene deutlich erweitert werden. Maßstab ist die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge, die verfassungsrechtlich verankert sein sollte. In diesem Sinne ist linke Kommunalpolitik keineswegs in einer Krise. Sie muss sich neuen Herausforderungen stellen.

(Dagmar Enkelmann)