Hessens Geschichte

Hier findet Ihr Beiträge zu Ereignissen und Entwicklungen in der älteren und neueren Geschichte Hessens als zu Persönlichkeiten, die in Hessen gewirkt haben

Posts zu #hessensgeschichte

Hüttendorfräumung an der Startbahn-West, 2.11.1981

Bild: Tag der Hüttendorfräumung

Am Morgen des 2.11.81 wurde das Hüttendorf auf dem zukünftigen Gelände der Startbahn-West am Frankfurter Flughafen von der Polizei gestürmt. Im Mai 1980 hatten Bürgerinitiativen eine erste Hütte errichtet gehabt, die zur Keimzelle des hochsymbolischen „Widerstandsdorfs“ wurde. Der Protest gegen die drohende Ausweitung des Flugbetriebs, steigenden Lärm, zerstörte Waldbestände, eine stetig wachsende Luftverschmutzung und nicht zuletzt der gestörte Schlaf durch Nachtflüge, reichte bis in die 60er Jahre zurück und war vor allem mit Einwendungen und Klagen geführt worden. Im Hüttendorf entstanden Kontakte zwischen unterschiedlichsten Menschen, direkte Aktionen wurden geplant, hier wurde die Auseinandersetzung um die Startbahn West zur sinnlichen Erfahrung von Widerstand. Es entstand eine der breitesten sozialen Bewegungen der Nachkriegszeit.

Die Räumung des Hüttendorfs erfolgte auf Befehl der damaligen hessischen SPD-FDP Regierung mit schwerem Gerät, Planierraupen und Baggern, womit Wälle, Gräben und Barrikaden zerstört werden. Umgehend werden die Alarmlisten ausgelöst, es läuten in manchen Gemeinden die Kirchenglocken. Trotz der Abriegelung durch die Polizei gelingt es über 10.000 Menschen, in den Wald zu kommen. Die Polizei geht gegen sie massiv vor, es kommt zu vielen Verletzten. Zusätzlich blockierten 2.500 Menschen den Frankfurter Hauptbahnhof, weitere Demonstrationen fanden spontan tagelang bundesweit statt. Am 13.11.81 demonstrierten in Wiesbaden 150.000 Menschen gegen das Vorgehen der Landesregierung. Am 15.11 demonstrierten Tausende rund um den Flughafen, auch im Wald, und blockierten ihn erfolgreich über Stunden. Und dies trotz großem Aufgebot an Polizei und Bundesgrenzschutz (BGS). Beitrag von Michael Wilk für die RLS Hessen

Mehr Infos: https://autox.nadir.org/archiv/chrono/startb_chro.html

https://www.youtube.com/watch?v=3hnqS4xdBiI

Kongress Notstand der Demokratie, 30.10.1966

Bild: Auf dem Frankfurter Römer hält Enzensberger vor 15.000 Teilnehmer*innen des Kongresses "Notstand der Demokratie" eine Ansprache Quelle: picture-alliance/dpa

In Frankfurt am Main wird am 30.10.1966 der Kongress „Notstand der Demokratie“ durch das gleichgenannte Kuratorium durchgeführt. Das Kuratorium ist ein Zusammenschluss von Vertreter*innen der Studierenden, der Wissenschaft, Kultur, Kirchen und Gewerkschaften (nicht der gesamte DGB); letztere finanzierten das im Frühjahr 1966 gegründete Bündnis. Inhaltlich setzten sich in mehreren Foren kritisch mit den von der Bundesregierung geplanten Notstandsgesetzen auseinander. Im Anschluss an den Kongress organisierte das Kuratorium eine Abschlusskundgebung auf dem Römerberg in Frankfurt. Zu den Rednern vor etwa 30.000 Teilnehmer*innen gehören Georg Benz, Otto Brenner, Hans Magnus Enzensberger und Ernst Bloch. Es ist Höhepunkt der einheitlichen Protestbewegung vieler zivilgesellschaftlichen Organisationen gegen die Notstandsgesetze.

Mehr Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Kuratorium_%E2%80%9ENotstand_der_Demokratie%E2%80%9C +

https://library.fes.de/gmh/main/pdf-files/gmh/1986/1986-08-a-482.pdf

Studierendenstreik von 1997, 29.10.1997

Bild: Der damalige hessische Ministerpräs. Eichel im überfüllten Audimax der Uni Gießen Quelle: Franz Möller

Am 29.10.1997 beschloss an der Universität Gießen eine Vollversammlung mit 1.000 Studierenden einen Streik gegen überfüllte Seminare, Einführungsveranstaltungen, Grundkurse und fehlende Bücher. Sogleich wurden die ersten Institute und das Hauptgebäude besetzt. Schnell entstand daraus wegen ähnlichen Bedingungen an fast allen Hochschulen eine bundesweite Protestwelle. Jahrelange Kürzungen der Mittel bei steigenden Studierendenzahlen waren nicht ohne Wirkung geblieben. Am 27.11.1997 kam es in Bonn zur größten bundesweiten Demonstration mit 40.000 Teilnehmern, die quer durch alle Parteien auf große Beachtung stieß. Der Höhepunkt war im Dezember mit zum Teil mehrwöchigen Studentenstreiks. In vielen Städten wurden Projekte ins Leben gerufen und Studierende politisiert. Auch weil mehr Geld – wenn auch nicht ganz so viel wie gefordert - den Hochschulen bereitgestellt und einige Prüfungsgebühren gestrichen wurden, ebbte die Protestwelle zu Beginn 1998 ab.

Über 100 Unis waren im Streik und mehrere hunderttausend Studenten waren beteiligt. Sie war damit quantitativ größer als 1968! Die Kehrseite der Spontaneität war die Uneinheitlichkeit der Proteste ohne bundesweitem Forderungskatalog (sehr bis wenig politisch). Das nutzte die Politik aus - unterstützt von Massenmedien -, um die Wut über die von ihnen verursachten Verhältnisse in geregelten Bahnen zu kanalisieren. Nach dem Streik forderte die damalige Bundesregierung Studiengebühren und weniger Studierende.

Mehr Infos: https://www.spiegel.de/geschichte/10-jahre-studentenstreik-a-948784.html +

https://de.wikipedia.org/wiki/Studentenstreik_1997

Gründung des Jakobinerclubs Mainz und Frankfurt, 23.10.1792

Bild: Nachzeichnung der Treffen der Jakobiner in Mainz Quelle: Wikipedia

Im von der französischen Armee eroberten Mainz wird am 23. Oktober 1792 die „Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit“ aus allen Ständen gegründet. Damit schufen sich die deutschen Jakobiner eine eigene Organisation. Wenige Wochen danach wurde in Frankfurt am Main eine Lese- und Debattiergesellschaft von den auch als "Klubisten" genannten Jakobinern gegründet, die aufklärerische Schriften rezipierten. Der Frankfurter Klub war nicht so mitgliederstark wie die in Mainz mit knapp 500 Mitgliedern. Deshalb wurde die von der ersten nennenswerten bürgerlich-demokratischen Bewegung Deutschlands – vor allem während der französischen Besetzung Südwestdeutschlands 1792/93 - initiierte neue politische Struktur als „Mainzer Republik“ genannt. Die Jakobiner waren bis zur endgültigen Zerschlagung durch preußische Truppen im Mai 1793 aktiv.

Mehr Infos: https://www.mainzer-republik.de/verlauf/liberale-phase.html +

https://de.wikipedia.org/wiki/Mainzer_Jakobinerklub

GegenBuchMasse in Frankfurt, 01.10.1996

Bild: Logo der GegenBuchMasse Quelle: www.GegenBuchMasse.de

Vom 1. bis 6. Oktober 1996 fand die erste Veranstaltungsreihe der GegenBuchMasse in politischen Zentren in Frankfurt statt. Die Veranstaltungsreihe wurde von der Gruppe P.A.C.K. initiiert und neben verschiedenen politischen Gruppen vom Café Exzess, dem Infoladen im Café Exzess, dem Dritte-Welt-Haus und dem Autonomen Zentrum getragen. Es sollte damit den Lesungen der einseitigen, von kommerzieller Verwertung von Büchern bestimmten Ausrichtung der Frankfurter Buchmesse und der gefährlichen Toleranz gegenüber rechten und rechtsextremen Verlagen auf der Buchmesse entgegenwirkt werden. Die GegenBuchMasse war und ist als Podium für linke antifaschistische, antirassistische Autor*innen und Verlage ausgerichtet und ist jedes Jahr offen für weitere Gruppen und Veranstaltungsorte. Im Programm sind neben Büchertischen auch immer Literatur-Lesungen abseits des bürgerlichen Mainstreams und Ausstellungen von kritischen Künstler*innen.

Im Jahr 1996 fanden politische Lesungen zur Verfolgung und Widerstand der Kurd*innen, zum politischen Kampf in Nordirland, zum Befreiungskampf der 60er Jahre im heutigen Dem. Rep. Kongo und Aktivitäten von Faschisten im Internet statt. Zudem wurden die Schwierigkeiten und Perspektiven des linken Buchvertriebs thematisiert.

Die GegenBuchMasse findet mittlerweile seit 27 Jahren statt und es wurden in dieser Zeit über 300 Lesungen und Veranstaltungen organisiert. Nach Jahren mit jeweils über 25 Veranstaltungen sind wir nach den durch die Corona-Pandemie bestimmten Schwierigkeiten mit öffentlichen Lesungen in der Neuausrichtung und haben ein etwas kleineres Programm.

Mehr Infos: www.GegenBuchMasse.de

Das Blutbad von Södel, 01.10.1830

Bild: Der Caspar-Bende-Weg in Södel mit Verweis auf das "Blutbad"

„Das Blutbad von Södel“ (bei Wölfersheim) ist der Höhepunkt der Oberhessischen Zollunruhen in 1830, bei dem bis zu 6.000 Bauern, Arbeiter und Handwerker gegen eine unerträgliche Abgabenlast rebellieren. Ursache von Protesten im Großherzogtum Hessen – aber auch zur gleichen Zeit in anderen deutschen Kleinstaaten - war die Misere, in der sich die Landbevölkerung dieser Tage befand. Besonders in der Provinz Oberhessen waren doppelte Steuern zu zahlen, einmal für den Staat und einmal für die Standesherren. Ein rasches Bevölkerungswachstum und Missernten und Zölle belasteten außerdem die Bevölkerung. Besonders der Handel mit Kurhessen und Frankfurt wurde erschwert. Die Rebellen agierten mit der politischen Losung „Freiheit und Gleichheit“. Sie plünderten in der Wetterau adelige Güter aus, brannten deren Anwesen wie Zollhäuser, Ämter und Polizeistationen nieder, vernichteten Akten und Grundbücher; dann zogen sie teilweise in Richtung Vogelsberg. Der Aufstand wird auch „Kartoffelkrieg“ genannt. Von den Rebellen marschierten 2000 in die Orte Melbach, Södel und Wölfersheim ein, doch wurden sie von den obrigkeitstreuen Einwohnern in der Nacht zum 1.10.1830 angegriffen und erfolgreich vertrieben. Am Tag darauf marschierte das Militär ein, hielt jedoch die Einwohner für Aufständische und ging brutal sie vor. Mehrere Zivilisten wurden getötet und Dutzende Menschen verletzt. Dies ging als das „Blutbad von Södel“ in die Geschichte ein. Der Aufstand der Rebellen wurde im Verlauf des Oktober durch das Militär niedergeschlagen. Georg Büchners erwähnt in seinem Pamphlet „Der Hessische Landbote“ dieses „Blutbad“.

Mehr Infos: https://woelfersheim.gemeindeapp.de/de/locations/das-blutbad-von-soedel?category=4&frame=true&view=listing +

https://de.wikipedia.org/wiki/Blutbad_von_S%C3%B6del

Tötung von Günter Sare bei Anti-NPD Protesten, 28.09.1985

Bild: Gedenktafel für Günter Sare Quelle: Frankfurter Archiv der Revolte

Günter Sare wurde bei Anti-NPD Protesten in Frankfurt am 28.09.1985 von einem Wasserwerfer der Polizei überfahren. Er hatte sich an einer Kundgebung gegen eine Wahlkampfveranstaltung der NPD im Bürgerhaus Gallus beteiligt. Auf dem angrenzenden Schulhof hatten etwa 1.000 Menschen an dem Freundschaftsfest gegen die NPD teilgenommen. Im Anschluss an die Kundgebung versuchten zahlreiche Demonstrant*innen, den Zugang zum Haus Gallus zu blockieren. Ein Teil der NPD-Anhänger konnten am Betreten des Bürgerhauses gehindert werden. Weil die Polizei hart dagegen mit Wasserwerfer und Schlagstöcke vorging, zogen sich viele Demonstrant*innen zurück.

Kurz vor 21 Uhr kam es dann noch einmal zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Dabei wurden die Antifaschist*innen an der Kreuzung Hufnagelstraße/Frankenallee von zwei Wasserwerfern beschossen. Die meisten Demonstrant*innen flohen die Hufnagelstraße hinunter. Die hinterher fahrenden Wasserwerfer überfuhren dabei Günter Sare. Dies führte zu Schädelbasisbruch. Er starb kurz daran an seinen Verletzungen. Günter war Maschinenschlosser und Mitarbeiter eines Jugendzentrums in Frankfurt-Bockenheim.

In Frankfurt und in vielen anderen Städten Westdeutschlands kam es in den nächsten Tagen zu heftigen Straßenschlachten. Allein am Abend von Sares Tod entstand bei spontanen Krawallen ein Sachschaden von 2 Millionen Mark.

Mehr Infos: https://www.frankfurter-info.org/archiv/1127329420

https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Sare

Elisabeth Selbert, 22.09.1896

Bild: Denkmal für Elisabeth Selbert am Scheidemann-Platz in Kassel Quelle: Wikipedia

Die Politikerin und Juristin Elisabeth Selbert, geboren am 22.09.1896 in Kassel, wurde während der Novemberrevolution mit ihrem späteren Ehepartner Adam Selbert, aktiv im Arbeiter- und Soldatenrat, politisiert. So wurde sie SPD Mitglied und 1919 ins Gemeindeparlament von Niederzwehren gewählt, wo sie ihr Hauptthema Geschlechtergleichberechtigung bearbeitete. Sie studierte als Mutter und promovierte 1930. 1934 wurde sie als eine der letzten Frauen als Anwältinnen von den Nazis zugelassen und setzte sich bis zum Kriegsende für politisch Verfolgte ein.

Nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft wurde Elisabeth Selbert für die SPD 1948 in den Parlamentarischen Rat gewählt, der das Grundgesetz für die BRD ausarbeitete; aber als nur eine von vier Frauen unter den 65 Mitgliedern. Mithilfe damaliger Frauenrechtsorganisationen und anderer Abgeordneter konnte Elisabeth Selbert – nach mehreren gescheiterten Abstimmungen – schließlich den Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Artikel 3 GG) durchsetzen. Anschließend wurden viele alte familienrechtliche Bestimmungen im Bürgerl. Gesetzbuch überarbeitet. Zur gleichen Zeit wurde bis 1958 Mitglied des Hessischen Landtages, zog sich jedoch danach aus der Politik zurück und betrieb eine Kanzlei. Heutzutage wird als „eine der Mütter Grundgesetzes“ bezeichnet. Sie verstarb am 9.6.1986 in Kassel.

Mehr Infos: https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/akteurinnen/elisabeth-selbert#actor-biography

Frankfurter Häuserkampf, 19.09.1970

Solidaritätsdemo mit den Hausbesetzern in Frankfurt Anfang der 70er Jahre Quelle: Frankfurter Archiv der Revolte

Mit der Besetzung der Eppsteiner Straße 47 im Frankfurter Westend am 19.09.1970 wurde das erste Haus in Westdeutschland seit den 50er Jahren besetzt. Es folgten Liebigstraße 20 und Corneliusstraße 24, in die Studierende Familien von Arbeitsmigrant*innen zogen. Der Widerstand im Westend wurde von einer breiten Koalition völlig unterschiedlicher Betroffener und Gruppierungen getragen und nicht nur von linken Studierenden. Erst ab 1971 rollte eine Repressionswelle gegen die Besatzer*innen durch Beschlüsse des Magistrats. In den folgenden Jahren, bis zur Räumung der Häuser „Bockenheimer Landstraße/Ecke Schumannstraße“ im Jahr 1974, kam es zu zahlreichen weiteren Hausbesetzungen, Mietstreiks und Demonstrationen in Frankfurt am Main. Auslöser war eine massive Wohnraumzerstörung und deren Folgen im Zuge der geplanten City-Erweiterung ins Westend.

Mehr Infos: http://www.grundrisse.net/grundrisse14/14serhat_karakayali.htm +

https://www.rosalux.de/news/id/43925/ +

www.archiv-der-revolte.de

Türkisches Volkshaus Frankfurt - erster türkischer Migrant*innenverein, 15.09.1965

Bild: Veranstaltung 1979 Quelle: Türkisches Volkshaus Frankfurt/M

Das „Türkische Volkshaus Frankfurt e. V.“ (Türkisch: Frankfurt Türk Halkevi) wurde am 15.09.1965 von Akademiker*innen und Arbeiter*innen, zumeist Gewerkschafter*innen, gegründet. Der Verein ist einer der ersten türkischen Migrant*innenselbstorganisationen Frankfurts. Seinen Sitz hat er in der Werrastr. 29 in Bockenheim. Bei der Entstehung war der Verein mit den organisatorischen Ansätzen der Arbeiterwohlfahrt zur „Eingliederung“ türkischer Arbeiter*innen in die deutsche Gesellschaft verbunden. Durch verstärktes Angebot an kulturellen Aktivitäten, wie z.B. Saz-, Volkstanz- und Sprachkursen erfuhr der Verein in den 1970ern und 1980ern starken Zulauf von Migrant*innen aus der Türkei.

Nach Jahrzehnten Tätigkeit vereint der Verein progressive Menschen unterschiedlicher politischer Meinungen und tritt für ein Zusammenleben von allen Menschen auf der Basis von gleichen Rechten, Frieden, Solidarität und Völkerverständigung, in Frankfurt ein. Zu den Aktivitätsfeldern des Vereins gehören neben der direkten Vereinsarbeit mit Diskussionsveranstaltungen zu aktuellen Entwicklungen und Anlässen auch die Soziale Arbeit mit Senior*innen, Kindern und Jugendlichen. Dazu gehören u.a. das multikulturelle und stadtteilbezogene Projekt „Kinderinsel“ (Ursprung 1975) und das Projekt „All Colours“ (Schülergalerie).

Mehr Infos: http://volkshaus-frankfurt.de/

Aktionstage in Kassel gegen Rheinmetall, 28.8.2020

Bild: Demo in Kassel während der Aktionstage 2020 Quelle: rheinmetallentwaffnen.noblogs.org/

In Kassel wurden am 28.8.2020 Aktionstage gegen das vor Ort ansässige Rüstungsunternehmen Rheinmetall durchgeführt, an der hunderte Menschen erfolgreich für einen Tag den Zugang zum Unternehmen blockieren konnten. Rheinmetall gehört zu den größten deutschen Rüstungsunternehmen mit stetigem Wachstum. Es liefert Panzer, Munition, Geschütze und vieles mehr und trägt damit mit Lizenzen der Bundesregierungen zu den weltweiten Kriegen, Massakern, Vertreibungen und Zerstörungen bei.

Organisiert wurden die Aktionstage von der Kampagne RheinmetallEntwaffnen, die 2018 gegründet wurde und die sich gegen Waffenexporte, Aufrüstung und Krieg stellt. In den anschließenden Jahren fanden in Kassel, Unterlüß und bundesweit anderen Orten wiederholt ähnliche Aktionstage und Camps statt. RheinmetallEntwaffnen hat sich somit als eine längerfristige zivilgesellschaftliche Kampagne etablieren können.

Mehr Infos: https://rheinmetallentwaffnen.noblogs.org

Eberhard Dähne, geb. 28.8.1938

Der diplomierte Agronom und promovierte Soziologe Eberdhard Dähne, geb. am 28.8.1938 in Freienwalde, war 1961/62 Bundesvorsitzender des SDS und hat von 1972 bis 1979 als Stadtverordneter der DKP in deren Hochburg Marburg die dortige Kommunalpolitik kräftig aufgemischt. Aus dieser Erfahrung entstand sein vielgenutztes Handbuch für linke Kommunalpolitik „GemeindeLeute“. Außerdem arbeitete er von 1973 bis 1989 am Institut für Marxistische Studien und Forschungen in Frankfurt/M, unter anderem in den Arbeitsfeldern Klassenanalyse, Gewerkschafts-, Betriebs- und Kommunalpolitik. Zusammen mit Heiner Halberstadt bildete er von 2001 bis 2006 die erste Fraktion der PDS in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung (1989 trat er bereits aus der DKP aus). Gestorben am 26.4.2010 in Frankfurt/M.

Mehr Infos: http://www.zeitschrift-marxistische-erneuerung.de/article/86.eberhard-daehne-1938-2010.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard_D%C3%A4hne

Aktionstage in Kassel gegen Rheinmetall, 28.8.2020

In Kassel wurden am 28.8.2020 Aktionstage gegen das vor Ort ansässige Rüstungsunternehmen Rheinmetall durchgeführt, an der hunderte Menschen erfolgreich für einen Tag den Zugang zum Unternehmen blockieren konnten. Rheinmetall gehört zu den größten deutschen Rüstungsunternehmen mit stetigem Wachstum. Es liefert Panzer, Munition, Geschütze und vieles mehr und trägt damit mit Lizenzen der Bundesregierungen zu den weltweiten Kriegen, Massakern, Vertreibungen und Zerstörungen bei.

Organisiert wurden die Aktionstage von der Kampagne RheinmetallEntwaffnen, die 2018 gegründet wurde und die sich gegen Waffenexporte, Aufrüstung und Krieg stellt. In den anschließenden Jahren fanden in Kassel, Unterlüß und bundesweit anderen Orten wiederholt ähnliche Aktionstage und Camps statt. RheinmetallEntwaffnen hat sich somit als eine längerfristige zivilgesellschaftliche Kampagne etablieren können.

Mehr Infos: https://rheinmetallentwaffnen.noblogs.org

Hilmar Hoffmann, geb. 25.8.1925

Hilmar Hoffmann, geb. am 25.8.1925 in Bremen, ist Gründer der „Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen“ und Mitbegründer der Bewegung „Junger deutscher Film“. Als der stets reformbewegte Sozialdemokrat und Frankfurter Kulturdezernent von 1970 bis 1990 wurde er bundesweit berühmt durch sein Motto „Kultur für alle!“, mit dem er kommunale Kulturpolitik auf neue Beine stellte: Mitbestimmungsmodelle am Theater für die Künstler, Gründung des ersten kommunalen Kinos in Frankfurt, Stadtteilbibliotheken und soziokulturelle Zentren. Gestorben am 1.6.2018 in Frankfurt/M.

Mehr Infos: https://www.deutschlandfunk.de/zum-tod-von-hilmar-hoffmann-kultur-fuer-alle-100.html

NSU 2.0, 02.08.2018

Seit dem 2. August 2018 verschickten "Unbekannte" bisher mindestens 96 Drohschreiben mit der Signatur „NSU 2.0“ an 70 verschiedene Adressaten in Deutschland. Der erste bekanntgewordene Drohbrief richtet sich gegen die Anwältin Seda Başay-Yıldız und andere Opferanwälte im NSU Prozess in Frankfurt/M. Später auch gegen Rassismus, Antisemitismus, für Flüchtlinge und Migranten engagierte Menschen in Politik, Kunst, Medien und Justiz; die meisten davon Frauen. In mehreren Fällen ist es erwiesen, dass die Adressen aus Computern der Polizei in Hessen stammen – insgesamt wurden mindestens 70 Verdachtsfälle rechtsradikaler hessischer Polizisten entdeckt. Die Drohungen wurden auch nach der Suspendierung mehrerer tatverdächtiger Polizeibeamter fortgesetzt.

Am 17.11.2022 erfolgt ein Urteil gegen den inhaftierten A.M., was von 5 betroffenen Frauen folgendermaßen kritisiert wird: „Für uns ist es ein Skandal, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt sich auf den vermeintlichen Einzeltäter, den Angeklagten M. festgelegt und versucht hat, die Frage zu der Rolle von hessischen Polizeibeamt*innen und einer verfestigten Gruppe rechter Polizeibeamt*innen im 1. Polizeirevier zu Beginn der Drohserie NSU 2.0 aus dem Verfahren herauszuhalten.“

Mehr Infos: https://www.nsu-watch.info/?s=%22NSU+2.0%22

Hessische PDS benennt sich um, 30.07.2005

So titelte die FAZ am darauffolgenden Sonntag. Nachdem bereits monatelang (seit dem Startschuss der von WASG und PDS vergeigten NRW-Landtagswahl am 22. Mai) in Hessen die beiden Landesvorstände schlicht gemeinsam getagt und gearbeitet hatten, war dies für die PDS ein ebenso wichtiger wie hoch emotionaler Schritt. Der wurde dann am Ende einstimmig gefasst. Sie hieß ab dann „Die Linkspartei. Landesverband Hessen“; in Kurzform: „Die Linke“.

In Hessen hatten wir darauf verzichtet, eine gemeinsam besetzte Kommission mit dem Einigungsprozess zu betrauen; wir haben die beiden Landesvorstände einfach zusammengepackt. Das war im Detail nicht immer ganz einfach; zu unterschiedlich waren die Sozialisationsformen zwischen SPD-Vergangenheit einerseits und (un)dogmatischer Linken andererseits. Nicht nur inhaltlich, sondern Arbeits- und Umgangsstil waren wechselseitig hoch gewöhnungsbedürftig.

Um den (verabredeten) Antritt von WASGler*innen auf unserer Liste zur Bundestagswahl 2005 zu erleichtern, war bundesweit vereinbart, dass wir die PDS umbenennen. Tja, und dabei ging unser schönes Postulat „demokratischer Sozialismus“ als Namensbestandteil verloren. Teilweise unter Schmerzen.

So haben wir in Hessen dazu beigetragen, dass ein paar Wochen später Marx aufs Titelblatt des Spiegels kam.

Beitrag von: Ulrich Wilken, MdL Hessen

Mehr Infos: https://www.die-linke-hessen.de/

https://histomania.com/Die_Linke_Hessen_W15805775

Ernst May, geb. 27.7.1886

Ernst May 1925. Bildquelle: Ernst-May Gesellschaft e.V., Frankfurt/M

Der Architekt und Stadtplaner Ernst May, geboren am 27.7.1886 in Frankfurt am Main, war von 1925 bis 1930 Hochbau- und Siedlungsdezernent (auch zuständig für Garten- und Friedhofwesen) bei dem innovativen Frankfurter Oberbürgermeister L. Landmann (SPD). In diesem Rahmen legt May das Wohnungsbauprogramm „Neues Frankfurt“ mit dem Ziel der Beseitigung der Wohnungsnot in 10 Jahren vor: Zusammen mit 50 Architekt*innen und Designer*innen der Avantgarde suchte May nach Wohn- und Siedlungskonzepten, die nicht nur erschwinglichen Wohnraum schaffen, sondern auch die sozialen und hygienischen Probleme des herkömmlichen Wohnungsbaus vermeiden sollten. Sie knüpften auch an Gartenstadtbewegung an. Es entstanden die „Ernst-May-Siedlungen“ im Niddatal mit Häusern mit 15.000 Wohnungen in mehreren Stadtteilen. Hier entsteht auch der Vorläufer der Einbauküche.

Ab 1926 gibt May mit anderen die Zeitschrift "Das Neue Frankfurt" heraus, das wegweisend die baukulturellen, künstlerischen und sozialpolitischen Ideen vieler Protagonisten der Epoche 1926- 1931 dokumentierte. 1930-33 leitete er den Bau zahlloser sowjetischer Städte, als größter die Stadt Magnitogorsk. Gestorben am 11.9.1970 in Hamburg.

Mehr Infos: https://ernst-may-gesellschaft.de

https://www.deutschlandfunkkultur.de/wohnungsbaureformer-ernst-may-die-demokratisierung-des-100.html

https://www.bauwelt.de/themen/dossier/Ernst-May-1886-1970-2120922.html

Zweites Jüdisches Pogrom in Frankfurt, 24.7.1349

Die Plünderung der Frankfurter Judengasse während des Fettmilch-Aufstands. Bildquelle: Stich von Matthäus Merian aus dem Jahr 1628

Am 24. Juli 1349 werden in einem zweiten Pogrom (das erste war 1241) alle Frankfurter Jud*innen erschlagen oder in ihren Häusern verbrannt. Die Zahl der Opfer ist nicht genau bekannt, sie wird auf etwa 60 geschätzt.

Die jüdische Bevölkerung wohnte damals im Stadtzentrum südlich des Frankfurter Doms und standen unter dem Schutz des Kaisers und galten als seine "Kammerknechte". So erhielt der Kaiser auch von den Frankfurter Jüdinnen und Juden jährliche Einkünfte. Einen Monat vor dem Pogrom verpfändete König Karl IV., der sich damals in der Stadt aufhielt, seine Rechte an den Jüdinnen und Juden, d.h. die ihm zustehenden Steuergelder, an die Stadt Frankfurt.

Mehr Infos: https://metahubfrankfurt.de/jmf/stories/der-pogrom-von-1349/

Rassismus im Frankfurter Zoo, 19.07.1911

Bild: Poster der indischen Völkerschau Quelle: Adolph Friedländer, humanzoos.net

Im Frankfurter Zoo fand ab dem 19.07.1911 die Ausstellung „Gustav Hagenbeck’s größte indische Völkerschau“ mit rund 100 Menschen und einer Reihe von Tieren aus Indien statt, welche angeblich die Kultur und Exotik Indiens auf eine „belustigende“ Art näherbringen sollte. Diese „Menschenschau“, die auch in anderen deutschen Städten ausgestellt wurde, beinhaltete dem Plakat nach „Zauberer, Bambuskünstler, Akrobaten, Schlangenbeschwörer, Bajadaren, Jongleure, Bärenringkämpfe, Elefantenreiten als auch prunkhafte Festumzüge zu Ehren eines indischen Fürsten“. Wie diese Menschen nach Deutschland gebracht, ob und wie Drohungen und Gewalt eingesetzt, mit Lügen gelockt und/oder sie über die Kolonialmacht Großbritannien schlicht erkauft wurden, steht nirgends. Auch nicht viele Jahrzehnte später in den Museen oder bei den Organisatoren.

Diese Völkerschau war nichts Anderes als zutiefst rassistisch, denn sie bediente die vom damaligen Kaiserreich verbreitete rassistischen Stereotypen von Menschen in südlichen Ländern, die fast alle von europäischen Staaten kolonialisiert wurden. Bis zum 2. Weltkrieg wurden hunderte solcher „Menschenschauen“ in Hessen und Deutschland durchgeführt.

Eine andere bundesweit bekannte Völkerschau war „Die letzten Kannibalen der Südsee“, die ebenfalls von Hagenbeck, einem der größten Organisatoren in Deutschland überhaupt, auch im Frankfurter Zoo 1931 gezeigt wurde. Menschen des Volks der Kanak aus dem französisch kolonisierten Neukaledonien wurden mit falschen Versprechungen nach Europa gelockt und dann gezwungen jahrelang in Menschenschauen sich ausstellen zu lassen. In Wiesbaden fand schon 1909 die Ausstellung für Handwerk und Gewerbe, Kunst und Gartenbau mit Menschen aus Senegal statt, die im „Senegalesen-Dorf“ dargestellt wurden. Diese wurden als Ringkämpfer, Trommel- und Tanzschläger oder Goldschmiede präsentiert.

Mehr Infos: https://humanzoos.net/?page_id=2307

https://fink.hamburg/2021/03/voelkerschau-bei-hagenbeck-erinnert-euch-an-die-grausamkeiten/

https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Menschen-ausgestellt-im-Zoo-Das-dunkle-Kapitel-Voelkerschauen,panoramadrei3954.html

Margarete und Alexander Mitscherlich, geb. 17.07.1917 bzw. 20.09.1908

Die am 17.07.1908 in Gravenstein geborene Margarete Mitscherlich und der am 20.09.1908 in München geborene Alexander Mitscherlich waren ein Paar, das gemeinsam sein berühmtestes Werk „Von der Unfähigkeit zu trauern“ veröffentlichte und lange in Frankfurt/M lebte. Alexander M. war Psychoanalytiker, Arzt, Hochschullehrer und Publizist sowie Gründer und Herausgeber der Zeitschrift „Psyche“. Für ähnlich breites weltweites Aufsehen sorgten seine Bücher „Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft“ und „Die Unwirtlichkeit unserer Städte“. Über den Nürnberger NS-Ärzte-Prozess 1946, dessen Beobachtung er im Auftrag der Alliierten leitete, veröffentlichte er die Dokumentation „Medizin ohne Menschlichkeit“. Von 1960 bis 1976 war Alexander M. Direktor des Sigmund-Freud-Instituts an der Universität Frankfurt. Margarete M. ist am 12.06.2012 und Alexander M. am 26.06.1982 jeweils in Frankfurt/M gestorben.

Mehr Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Mitscherlich

http://margarete-mitscherlich.de/

Fritz Bauer, geb. 16.07.1903

Ein Staatsanwalt als Nazi-Jäger: Am 16. Juli 1903 wurde Fritz Bauer geboren. Bauer hatte sich als hessischer Generalstaatsanwalt seit den 1950er Jahren um die Aufklärung und Verfolgung von Verbrechen des Nazi-Regimes verdient gemacht. 1963 wurden auf seine Initiative hin die Auschwitz-Prozesse gegen Verantwortliche des größten Vernichtungslagers der Nazis geführt. Sie waren ein wichtiger Impuls für die Auseinandersetzung mit dem Holocaust in der alten Bundesrepublik.

Immer wieder stieß Bauer jedoch bei seinen Bemühungen auf erhebliche Widerstände aus den bundesdeutschen Strafverfolgungsbehörden, in denen viele ehemalige NS-Juristen hohe Funktionen bekleideten. Dies war auch der Grund, warum er dem israelischen Geheimdienst Mossad den Aufenthaltsort von Adolf Eichmann in Argentinien verriet und nicht den deutschen Behörden, denen er nicht traute. Gestorben am 1.8.1968 in Frankfurt/M.

Mehr Infos: https://www.fritz-bauer-institut.de/

https://fritz-bauer-der-staatsanwalt.de/

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Staat_gegen_Fritz_Bauer

40.000 bei Anti-NPD Demo in Frankfurt, 17.06.1979

Bildquelle: Jutta Dittfurth

Am 17.6.1979 will die NPD wie in den Jahren zuvor in Frankfurt ihr „Deutschlandtreffen“ mit Tausenden Mitgliedern veranstalten. Vor dem Verwaltungsgericht ist die NPD gegen ein Verbot durch den CDU OB Wallmann erfolgreich. Es bildet sich ein Bündnis aus diversen Linken, SPD, Umweltschützern und Gewerkschaftsjugend, die ein explizit politisch-antifaschistisches Rockkonzert unter dem Motto „Rock gegen Rechts“ auf dem Römerberg anmelden. Auch weil die SPD und DGB diesmal die OB Ankündigung eines Verbots nicht mittragen wollen, wird letztlich das Festival unter strengen Auflagen und mit Einschränkungen auf dem Rebstockgelände erlaubt. Doch am Spätnachmittag des 16.6. verbietet der OB aufgrund von "polizeilichem Notstand" alle Kundgebungen und Demonstrationen, und damit erstmals in der Geschichte der BRD eine Gewerkschaftskundgebung. 40.000 Antifaschist*innen aus der ganzen BRD durchbrechen jedoch das Demonstrationsverbot und strömen in die Innenstadt; die NPD kommt nicht nach Frankfurt hinein. Es dauerte fast 10 Jahre, bis die NPD wieder zu einer Kundgebung und Demonstration in Frankfurt mobilisiert.

Das Motto des Frankfurter Festivals „Rock gegen Rechts“ findet in den kommenden Jahren und Jahrzehnten unregelmäßig abermals Verwendung bei Konzertveranstaltungen gegen Rechtsextremismus in Deutschland.

Mehr Infos: https://archiv.antifa-frankfurt.org/Mai/Chronologie.html

Erster Verein von kurdischen Migrant*innen in Hessen, 11.6.1981

Bildquelle: ANF- Firat Nachrichtenagentur

Als ab Ende der 70er Jahre im türkischen besetzten Teil Kurdistans die Bevölkerung sich gegen Unterdrückung und Assimilation nennenswert zu wehren begann, organisierten sich auch hier in Hessen die zehntausenden kurdischen Migrant*innen – von Behörden als „Türk*innen“ bezeichnet. Am 11.06.1981 gründen kurdische Migrant*innen ihren ersten Verein in Hessen in Frankfurt Main: der Kultur- und Unterstützungsverein des Kurdischen Volkes e.V.

Bis zu den 90er Jahren folgten in ca. 10 weiteren hessischen Orten ähnliche Selbstorganisationsstrukturen. Seitdem findet hier solidarische Selbstorganisation, sozialer Austausch und demokratische Selbstbildung statt. Vor allem junge Menschen und Frauen kurdischer Herkunft politisieren sich und fangen an, sich gegen Rassismus in Deutschland und für Inklusion einzusetzen. Der anhaltende Krieg in Kurdistan der vier Besatzerstaaten Türkei, Iran, Irak und Syrien ist jedoch für die Vereinsarbeit bleibt sehr wichtig, denn dies führt auch zur Vertreibung von Menschen bis nach Europa - zuletzt hunderttausende aus Rojava und Ezid*innen aus Irakisch-Kurdistan. So leben mehr als 1 Mio. kurdische Migrant*innen in der BRD, davon mehr als hunderttausend in Hessen.

Fast alle kurdische Vereine in Hessen werden wie die in der ganzen BRD von der Bundesregierung durch das sog. „PKK Verbot“ ab 1993 systematisch kriminalisiert: Vereinsschließungen, Inhaftierungen, Demoverbote und Geldstrafen gehören zum Alltag. Trotzdem gibt es eine anhaltende Vernetzung mit Demokrat*innen und linken Organisationen und Menschen in Hessen.

Beitrag von: Haci Hacioglu vom Kurdischen Gesellschaftszentrum Frankfurt (nck-frankfurt@riseup.net)

Mehr Infos: https://civaka-azad.org/

https://kon-med.com/

Helga Einsele, geb. 9.6.1910

Bildquelle: Linksnet.de

Die am 9.6.1910 in Halle an der Saale geborene Juristin Helga Einsele wurde von den Nazis wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ nicht zum Justizdienst zugelassen. Nach dem Krieg war sie von 1947 bis 1975 die Leiterin der Frauen-Vollzugsanstalt in Frankfurt-Preungesheim. Dort initiierte sie viele bedeutsame Reformen: erstes Mutter-und-Kind-Haus in einem deutschen Gefängnis, verbindliche Einführung von Sozialarbeit, das Recht in der Haft auf das Tragen normaler Kleidung, weibliche Strafgefangene mussten ihre Babys und Kleinkinder nicht mehr automatisch in ein Heim abgeben und vieles mehr. Zu Einseles Zeit lag die Rückfälligen-Quote in ihrem Gefängnis deutlich niedriger als anderswo. 1962 wurde sie wegen Unterstützung des SDS aus der SPD ausgeschlossen. Nach ihrer Pensionierung 1975 war sie Honorarprofessorin für Kriminologie an der Goethe-Universität Frankfurt. Sie beteiligte sich aktiv auch an der Friedensbewegung der 80er Jahre. Gestorben am 13.2.2005 in Frankfurt/M.

Mehr Infos: https://www.linksnet.de/artikel/19041

Erinnerungsfeier an Helga Einsele in Frankfurt-Preungesheim 2010: https://www.mkhpreungesheim.de/medien/185-erinnerungsfeier-prof-dr-helga-einsele-

Literatur von und über Helga Einsele im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=11893807X

Gerhard Zwerenz, geb. 3.6.1925

Fotograf: L. Willms, 2005 Bildquelle: Wikipedia, CC BY-SA 3.0 de

Der am 3.6. in Gablonz/Sachsen geborene streitbare Schriftsteller und Satiriker Gerhard Zwerenz, dessen Name bei praktisch keiner linken oder friedenspolitischen Aktion oder Initiative fehlte, kandidierte erfolgreich 1994 als Unabhängiger für die PDS für den Bundestag und vertrat dort die Hessen bis 1998. Selbst ein Deserteur von Hitlers Wehrmacht im 2. Weltkrieg, galt sein besonderes Engagement der Rehabilitierung der damaligen Deserteure durch den deutschen Staat und seine Justiz sowie der Umbenennung von Kasernen und anderen staatlichen Einrichtungen, die Namen von im Krieg und Nazi-Reich belasteten Personen trugen. Für seine zahlreichen schriftstellerischen Werke von den 50er bis 80er Jahre erhielt Gerhard Zwerenz 1991 den Alternativen Georg-Büchner-Preis. Gestorben am 13.7.2015 im hessichen Oberreifenberg.

Mehr Infos: https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/erlebtegeschichten/zwerenzgerhard100.html

https://taz.de/Nachruf-auf-Gerhard-Zwerenz/!5212931/

Kasseler Regierungspräsident Lübcke von Faschisten ermordet, 2.6.2023

Bildquelle: Wikipedia, CC BY-SA 3.0

Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) wurde in der Nacht des 2. Juni 2019 vom Faschisten Stephan Ernst auf seiner Terrasse in Wolfhagen-Istha bei Kassel ermordet. Er wurde 65 Jahre alt. Lübcke zog sich besonders ab 2015 den Argwohn von Faschist*innen und Rassist*innen auf sich, als er auf einer Bürgerversammlung die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung folgendermaßen verteidigte: "Wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen". Lübckes Mörder S. Ernst war auch unter den anwesenden Menschen, die Lübcke zumeist mißbilligten. S. Ernst fiel in den Jahren vor dem Mord immer wieder rechtsextrem auf, was aber auch AFD Anhänger. Im Januar 2021 wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt.

Mehr Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Mordfall_Walter_L%C3%BCbcke

Georg August Zinn, geb. 27.5.1901

Bildquelle: Wikipedia, CC BY_SA 3.0 de

Georg August Zinn, geboren am 27.05.1901 in Frankfurt am Main, war von 1950 bis 1969 erster gewählter Ministerpräsident (SPD) des neu formierten Bundeslandes Hessen. Sein Name ist stark mit dem Wiederaufbau des Landes nach dem 2. Weltkrieg verbunden. Auf ihn geht auch die Berufung von Fritz Bauer als hessischer Generalstaatsanwalt zurück, womit eine neue Epoche der Aufarbeitung der Verbrechen in der Nazi-Zeit startete.

Schon 1919 wurde er SPD Mitglied. Als Anwalt setzte er sich ab 1933 gegen das Nazi-Regime ein. Er verteidigte auch Jüd*innen und Roma/Sinti. Auch als er als Soldat eingezogen wurde, blieb er als Anwalt tätig. Kurz nach dem Krieg, am 28.10.1945 wurde Zinn der erste hessische Justizminister im Kabinett Geiler, im Anschluss wurde er Justizminister. 1946 war Zinn einer der ersten Erarbeiter*innen der neuen hessischen Verfassung. Zinn wurde im August 1948 für das Bundesland Hessen in den Parlamentarischen Rat nach Bonn entsandt. Gestorben am 27.3.1976 in Frankfurt/M.

Mehr Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Georg-August_Zinn

Erstes jüdisches Pogrom in Frankfurt, 24.5.1241

Bildquelle: Jüdisches Museum Frankfurt

Am 24.5.1241 bzw. über mehrere anschließende Tage fielen die allermeisten Frankfurter Jud*innen – 200 Personen etwa - einem Pogrom zum Opfer, dem nur wenige durch Annahme der Taufe oder Flucht entgingen. Praktisch alle Gebäude der Jüd*innen wurden zerstört. Das Pogrom ging wahrscheinlich von den Dominikanern aus. Das Massaker wird auch als die „Erste Frankfurter Judenschlacht“ bezeichnet. In den nachfolgenden Jahrhunderten finden Pogrome immer wieder statt, auch während des Frankfurter Ghettos nach seiner Einrichtung 1462.

Mehr Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Pogrom_von_1241_in_Frankfurt_am_Main

https://www.juedischesmuseum.de/besuch/juedisches-museum-frankfurt/

Ludwig von Friedeburg, geb. 21.5.1924

Bildquelle: Universitätsarchiv Frankfurt, ABt. 854 Nr: 360

Der am 21.05.1924 in Wilhelmshaven als Sohn eines kommandierenden Admirals geborene Ludwig von Friedeburg war von 1969 bis 1974 Hessischer Kultusminister in der SPD geführten Landesregierung. Auf ihn zurück geht der Versuch einer umfassenden Schulreform: 1973 Hessische Rahmenrichtlinien – Auflösung des 3-gliedrigen Schulsystems mit der Schaffung von Gesamtschulen. Dies ist jedoch am massiven bürgerlichen Widerstand weitgehend gescheitert. Er war außerdem Mitglied der „Frankfurter Schule“ am Frankfurter Institut für Sozialforschung, Von 1975 – 2001 war er sogar dessen Direktor. Gestorben am 17.5.2010 in Frankfurt.

Mehr Infos: https://www.studentenbewegung-frankfurt.de/ludwig-von-friedeburg/

Erste große Blockupy Demo in Frankfurt, 19.5.2012

Bildquelle: Martin Krolokowski/flickr

Demo mit 20.000 Menschen am 19. Mai während der ersten dreitägigen Aktionstage des Bündnisses Blockupy in Frankfurt. Blockupy ist Teil eines europaweiten Netzwerks vielfältiger Bewegungen, Gewerkschaften, Parteien und Flüchtlingsinitiativen aus Italien, Spanien, Griechenland, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Frankreich und anderen Ländern, die Widerstand gegen das europäische Krisenregime leisten.

Die Demoteilnehmer waren auch aus anderen europäischen Ländern wie Griechenland, Spanien, Italien und Frankreich angereist. Trotz kleinerer Zwischenfälle verlief die Veranstaltung grundsätzlich friedlich. Durch die Repression von Polizei und Behörden, die alle andere Veranstaltungen verboten und die Innenstadt abriegelten, wurden dennoch mehr als 400 Menschen festgenommen. Dies führte zu starker Kritik in der Gesellschaft.

Die Blockupy Aktionstage fanden bis 2016 jährlich statt. Die Aktivität, die am meisten öffentliches Aufsehen erregte, waren die Proteste anlässlich der Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank am 18. März 2015 in Frankfurt. Dem Aufruf des Bündnisses zu Blockaden und einer Demonstration folgten 17.000 Menschen. Im Verlauf der Proteste kam es zu erheblichen Ausschreitungen.

Mehr Infos: blockupy.org

Heiner Halberstadt, geb. 17.5.1928

Heiner Halberstadt, geb. am 17.5.1928 in Dortmund, war einer der vielseitigsten und bundesweit bekanntesten Vertreter der zunächst „heimatlosen“, dann sich neuformierenden Linken der 60er und 70er Jahre. Nach dem Krieg zunächst beim Neuaufbau der „SJD Die Falken“ aktiv, gründete er 1961 in Frankfurt mit anderen den „Club Voltaire“, bis heute einer der wichtigsten linken Orte in Frankfurt für politische Veranstaltungen und Kultur; bundesweit Vorbild für viele ähnliche spätere Projekte in anderen Städten. Initiativ tätig war er auch beim Aufbau des hessischen Ostermarsches, weshalb er 1962 aus der SPD ausgeschlossen wurde; zeitgleich verlor er seine Stellung als Geschäftsführer der „Häuser der Offenen Tür“ unter dem Vorwurf kommunistischer Agitation. Dann anderweitig bei der Stadt beschäftigt, wurde er Vorsitzende des Gesamtpersonalrats der Stadt Frankfurt und machte aktive ÖTV-Politik.

Auf Vermittlung Willy Brandts wurde er 1972 wieder in die SPD aufgenommen und war 1989 – 1992 Referent des OB Volker Hauff. 1995 trat er aber wieder aus und trat der PDS bei, deren Frankfurter Kreisvorsitzender er wurde. Nach der Kommunalwahl 2001 bildete er mit Eberhard Dähne die erste PDS-Fraktion im Frankfurter Stadt-Parlament (bis 2006). Bis zu seinem Lebensende war er dann in der Partei DIE LINKE aktiv, deren Ältestenrat er angehörte. Er verstarb am 29.3.2021 Frankfurt.

Mehr Infos: https://hessen.rosalux.de/publikation/id/44634/heiner-halberstadt

Fettmilch-Aufstand, 5.5.1614

Unter Führung des Vinzenz Fettmilch, ein ehemaliger Soldat und prominenter Bürger, besetzen die Frankfurter Handwerksgesellen, Tagelöhner und sonstigen Armen am 5.5.1614 die Stadttore Frankfurts und setzen den Rat der Stadt ab. Zuvor waren Jahre des Begehrens eines Teil der Zünfte an mehr politischer und finanzieller Teilhabe vergangen. Mit Unterstützung eines Teils der unteren Klassen erhielt der Aufstand seine Stärke. Am 8.8.1614 plündern die Aufständischen die Frankfurter Judengasse, die als Teil der bisherigen Obrigkeit betrachtet wurde, und deren Einwohner wurden vertrieben. Ab September gingen Kaiser und Verbündete vor und unterdrückten den Aufstand. Vinzenz Fettmilch und 6 weitere Anführer werden im November 1614 festgesetzt und am 28.02.1616 hingerichtet.

Mehr Infos: https://www.frankfurt-lese.de/streifzuege/geschichtliches/fettmilch-aufstand/

Bauernkrieg in Hessen, 3.5.1525

Bildquelle: Chronik Widdershausen, www.widdershausen.de/bauernkrieg.html

Der Landgraf Philipp von Hessen besiegt mit seinen Soldaten am 3.5.1525 bei Eisenach an der thüringisch-hessischen Grenze das Heer der aufständischen Bauern (ca. 10.000 Mann), die als „der Werrahaufen“ in die Geschichte eingingen, nachdem er zuvor die um Fulda und Hersfeld andere aufständisch gewordene Bauern militärisch geschlagen hatte. Dies erzielt er vor allem dadurch, dass er ihre Anführer bei Verhandlungen festsetzt und hinrichtet. Der Werrahaufen, nun führerlos, löste sich auf bzw. zog mit Müntzer nach Frankenhausen/Nordthüringen, wo Kämpfe noch wochenlang weitergingen, bevor in Hessen und Thüringen der Bauernaufstand ganz zerschlagen war.

Mehr Infos: http://www.vhghessen.de/inhalt/zhg/ZHG_92/Hollenberg_Landstaende.pdf

https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/geschichte/artikel/verlauf-des-bauernkrieges

Wolfgang Abendroth, geb. 02.05.1906

Bildquelle: Offizin Verlag / Michael Buckmiller

Der streitbare marxistische Politik- und Sozialwissenschaftler Wolfgang Abendroth, geb. am 2. Mai 1906, hat gleich mehrere Generationen Studierender maßgeblich geprägt und zugleich stark in die Gewerkschaften und deren Bildungsarbeit hineingewirkt. In der Nazizeit war er von 1937-1941 als Widerstandskämpfer in Haft, anschließend abkommandiert zum Todeskommando „Strafbataillon 999“. Nach dem Krieg wurde W. Abendroth einer der profiliertestes Wortführer der marxistischen Linken und der beginnenden Außerparlamentarischen Opposition (APO). Auf den Unvereinbarkeitsbeschluss der SPD mit dem SDS reagierte er mit unbedingter Solidarität und gründete den Sozialistischen Bund (SB) mit dem exklusiven Ziel der Unterstützung des SDS und der Sicherung seines Überlebens. Dies brachte ihm und allen anderen z. T. sehr prominenten Mitgliedern des SB 1961 den Ausschluss aus der SPD ein. Das überlappte sich mit seiner Professur an der Universität Marburg 1951 bis 1973 - von seinen bürgerlichen Gegnern gern als „Partisanen-Professor“ apostrophiert. Schriften wie seine „Sozialgeschichte der europäischen Arbeiterbewegung“ wurden geradezu Standardwerke und Lehrbücher sozialistischer Sozialgeschichte, ebenso wie seine Schriften zum Verhältnis von Faschismus und Kapitalismus. Gestorben am 15.9.1985 Frankfurt/M.

Mehr Infos: https://wolfgangabendroth.org/

Johanna Kirchner, geb. 24.4.1889 in Frankfurt

Porträtfotographie von Johanna Kirchner um 1940. Reproduktion. Institut für Stadtgeschichte Frankfurt S6b-75 Nr. 244

Johanna Kirchner, geb. am 24.4.1889 in Frankfurt/M, engagierte sich zunächst in der kommunalen Wohlfahrtspflege während des 1. Weltkrieges und half beim Aufbau der 1919 gegründeten Arbeiterwohlfahrt. Mitte der 20er Jahre gehörte sie zu den hauptamtlichen Funktionär*innen der Frankfurter SPD. Ihre Freundschaft zur Kommunistin Lore Wolf und mit ihrem Kampf in der französischen Résistance verwirklichte sie „die Einheit der Arbeiterbewegung in der antifaschistischen Arbeit“ (Wolfgang Abendroth). Sie wurde 1942 von der Vichy-Regierung inhaftiert und am 9. Juni 1944 vom Naziregime in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Heute erinnert an der Frankfurter Paulskirche eine Gedenktafel an die Ermordete.

Mehr Infos: http://www.frankfurterfrauenzimmer.de/ep10-detail.html?bio=dd

https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/hanna-kirchner/

Einführung der Reformation in Frankfurt, 21.04.1533

Titelblatt des Frankfurter Zivilgesetzbuches „Der Stadt Frankfurt erneuerte Reformation“ aus dem Jahr 1578 Bildquelle: Historisches Museum Frankfurt

Die Reformation wird in Frankfurt/M durch Umwidmung des Doms zur Evangelischen Hauptkirche offiziell eingeführt. Die öffentliche Ausübung der katholischen Religion von Seiten der weltlichen Obrigkeit wird für die nächsten 15 Jahre unterbunden.

Mehr Infos: https://www.sabinehock.de/downloads/reformation.pdf

https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/frankfurt-der-leise-beginn-der-reformation-14901497.html

Proteste gegen Bierpreiserhöhung in Frankfurt/M, 9.4.1795

Parker Johnson, Unsplash

Im Anschluss an die Erhöhung der Bierpreise durch die Brauer in Frankfurt am Main kam es am 9.4.1795 u.a. an der Konstabler Wache zu Tumulten. Die Proteste drohten, auf Bäcker und Metzger überzugreifen. Städtische Sicherheitskräfte gingen gegen "Lehrjungen, Knaben hiesiger Einwohner der geringen Klasse und derlei Weibspersonen" vor.

78 Jahre später hingegen führte eine Bierpreiserhöhung um 12,5 % zum größten sozialen Protest in Frankfurt zwischen den Revolutionen von 1848 und 1918. Weil die Polizei tausende protestierende Menschen – vor allem Arbeiter – am 21.04.1873 nicht stoppen konnte, schritt das preußische Militär ein und erschoss 20 Menschen, bevor der Protest mit Gewalt aufgelöst wurde. Dies wird auch als der „Frankfurter Bierkrawall“ bezeichnet.

Mehr Infos: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurter-bierkrawall-als-teures-bier-zum-tode-fuehrte-12134263.html

https://www.spiegel.de/geschichte/frankfurter-bierkrawall-1873-der-zorn-der-zecher-a-1203474.html

NSU Mord an Halit Yozgat in Kassel, 6.4.2006

Bildquelle: Privat

Halit Yozgat wurde am 4. April 2006 als das 9. Opfer des im Untergrund agierenden rechtsterroristischen Netzwerks NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) ermordet. Er wurde in seinem Internetcafé im Kasseler Stadtteil Nord-Holland durch zwei gezielte Pistolenschüsse in den Kopf ermordet. Zur Tatzeit war Andreas Temme, ein Mitarbeiter des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz, anwesend, der zeitweise als Mordverdächtiger galt und festgenommen wurde. Seine zwielichtige Rolle konnte nicht durch Gerichte abschließend geklärt werden; auch weil Polizei und Innenministerium sich hinter ihn stellten. So auch beim 2018 abgeschlossenen Münchener NSU-Prozess.

Wie bei den anderen NSU Morden haben sich zunächst die Ermittlungen der Polizei und Staatsanwälte auf nichtrassistische Motive fokussiert; erst 2011 mit dem Selbstmord von zwei der drei Personen des NSU-Kerntrios änderte sich dies. Angehörige und viele zivilgesellschaftliche Gruppen fordern volle Aufklärung und Konsequenzen.

Mehr Infos:

Initiative 6. April Kassel: https://initiative6april.wordpress.com/

Video zur Rekonstruktion des Mordes durch forensic architecture: https://vimeo.com/225827337

Frankfurter Wachensturm - Frankfurter Attentat, 3.4.1833

Bildquelle: Francois Georgin (1801-1863)

Etwa 100 radikale Studierende aus Heidelberg und anderen Orten stürmten die Frankfurter Hauptwache, um ein Startsignal für eine deutsche Revolution zu geben. In Frankfurt fand der Frankfurter Wachensturm bzw. Frankfurter Attentat deshalb statt, weil es Sitz des ‚Deutschen Bundestags‘ war, der ständigen Vertretung aller Staaten innerhalb des „Deutschen Bundes“. Es war eines der wichtigsten Ereignisse des „deutschen Vormärzes“. Sie scheiterte jedoch in der gleichen Nacht, weil die Behörden vorbereitet waren. Mehrere Tote waren zu beklagen. Die Aktion brachte den Studierende viele Sympathien in ganz Deutschland ein, auch von Menschen, die ihr Vorgehen als überstürzt abgelehnt hatten.

Mehr Infos: https://www.grin.com/document/64520

Wilhelm Liebknecht, geb. 29.03.1826

Bildquelle: Wikipedia

Wilhelm Liebknecht, geb. am 29.03.1826 in Gießen, war ein radikaldemokratischer Revolutionär und Gründungsvater der SPD. Nach der Niederlage der Revolution 1848/1849 lebte er 13 Jahre im Exil, wo er in engem Kontakt zu Karl Marx und Friedrich Engels stand und anschließend sich dem Sozialismus zuwandte. Mit der Rückkehr nach Deutschland wurde er einer der bekanntesten sozialistischen Politiker und war viele Jahre im Reichstag – unterbrochen mehrmals von insgesamt 6 Jahre Gefängnishaft. Liebknecht stellte sich offen gegen den deutschen Militarismus – so auch gegen den Deutsch-Französischen-Krieg von 1870 - und Imperialismus und verblieb als Internationalist – Solidarität mit der Pariser Kommune; Mitbegründer der II: Sozialistischen Internationale 1889 - dem Marxismus treu. Er gehörte auch zu den Gründern der SPD Zeitschrift „Vorwärts“.

In seiner Abhandlung von 1899 "Kein Kompromiss - kein Wahlbündnis" lehnte er die an den deutschen Staat anpasslerischen Tendenzen bei Bernstein und dessen Anhängern ab. Er starb am 7.8.1900 – übrigens der Vater von Karl Liebknecht. Am Trauerzug in Berlin nahmen mehr als 120.000 Menschen teil. Als erster Arbeiterführer auf dem Armenfriedhof in Friedrichsfelde bei Berlin beigesetzt.

Mehr Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Liebknecht#Sozialistengesetz

Reden: https://www.marxists.org/deutsch/archiv/liebknechtw/index.htm

https://dietzberlin.de/produkt/wilhelm-liebknecht/

Robert Steigerwald, geb. 24.03.1925

Bildquelle: Rotfuchs.net

Direkt nach dem 2. Weltkrieg wurde der in Frankfurt/M am 24.03.1925 geborene Robert Steigerwald zunächst SPD Mitglied. In dieser Zeit gründete er die SPD-nahen "Falken, Sozialistische Jugend Deutschlands" mit. 1948 wechselte er dann zur KPD, weshalb er vom Radio Frankfurt entlassen wurde. Er wurde 1953 für 3,5 Jahren wegen Tätigkeit in der von der KPD gegründeten und verbotenen Sozialdemokratischen Aktion (SDA) inhaftiert. Von 1963 bis zu seinem Tod arbeitete er für die „Marxistischen Blätter“ und verfasste Schriften als marxistischer Philosoph. Nach Gründung der DKP 1968 gehörte Steigerwald deren Parteivorstand viele Jahre an. Gestorben am 30.06.2016 in Eschborn.

Mehr Infos: https://www.rotfuchs.net/rotfuchs-lesen/robert-steigerwald-ist-tot.html

Johanna Tesch, geb. 24.3.1875

Bildquelle: FrankfurterFrauenzimmer.de; Kaffeepause der weiblichen Abgeordneten der Nationalversammlung in Weimar. 1919. Johanna Tesch ist die 4. Frau von rechts (sitzend)

Johanna Tesch, geboren am 24.3.1875 in Frankfurt/M, war 1919 eine der ersten Frauen in der Deutschen Nationalversammlung und ab 1920 für die SPD im Reichstag (sie gewann den Wahlkreis Hessen-Nassau). Sie trug dazu bei, die Aufmerksamkeit im Reichstag auf die desolaten Arbeits- und Lohnverhältnisse der Hausangestellten und Arbeiterfrauen zu lenken. Dahinter lag ein großer Erfahrungsschatz von vielen Jahren des Engagements für die Belange und Rechte der Frauen in ihrer Heimatstadt. Dort war sie seit 1906 1. Vorsitzende der Frankfurter Ortsgruppe des Zentralverbandes der Haus- und Büroangestellten. Nach dem freiwilligen Rückzug 1924 aus der Parteipolitik hielt sie viele Vorträge im Auftrag der Arbeiterwohlfahrt in ganz Deutschland.

Ab 1933 lebte sie weiter in Frankfurt und unterstützte den Widerstand gegen das NS-Regime. Nach dem Attentat vom 20. Juli wurde sie am 22.8.1944 verhaftet und ins KZ Ravensbrück verbracht, wo sie – vermutlich an Unterernährung – am 13.03.1945 starb.

Mehr Infos: http://www.frankfurterfrauenzimmer.de/ep10-detail.html?bio=dj

Buch zum Briefwechsel mit Ehemann: https://www.stadtgeschichte-ffm.de/de/stadtgeschichte/publikationen/64/johanna-und-richard-tesch-der-deiwel-soll-die-ganze-politik-holen

Gründung der VNN in Frankfurt a.M., 15.-17.3.1947

Bildquelle: VVN-BdA, Leuchtaktion des VVN-BdA in Berlin

Vom 15. bis 17. März 1947 fand in Frankfurt a.M. die „1. Interzonale Länderkonferenz der Vereinigung der VVN“ statt - die Gründungsstunde des Gesamtdeutschen Rats der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, in dem sich Widerstandskämpfer*innen und Verfolgte im Nationalsozialismus - u.a. auch KZ-Überlebende - organisierten. Als eine Folge des gewachsenen Interesses jüngerer Generationen an der Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit Deutschlands erweiterte sich die VVN 1971 um den "Bund der Antifaschisten" – so entstand die VVN-BdA.

Im Laufe der Jahrzehnte gab es eine Vielzahl an Diffamierungen und Verbotsversuchen, zuletzt durch das Aberkennen der Gemeinnützigkeit des Vereins durch das Berliner Finanzamt im Nov. 2019. Nach breiten Protesten, an denen sich neben Gewerkschaften, Parteien und weiteren Organisationen oder Einzelpersonen auch die jüdische Gemeinde beteiligte, wurde die Entscheidung des Finanzamtes im April 2021 aufgehoben. Aufgrund zunehmender Mitgliederzahlen und hoher Spendenbereitschaft geht der VVN-BdA gestärkt aus dem Kampf um die Gemeinnützigkeit hervor.

Unter dem Motto „Antifaschismus bleibt unverzichtbar!“ wird an Jahrzehnte antifaschistisches Engagement, Einsatz für den Frieden, Gedenken an den Nazi-Terror und den Widerstand sowie an eine klare Haltung gegen Neofaschist*innen erinnert.

Mehr Infos: vvn-bda.de

Philipp Pless, geb. 16.3.1906

Bildquelle: 29.1.1959, Foto von Rudolph, Wiesbaden

Der vom Beruf her Metaller Philipp Pless, geb. am 16.03.1906 in Frankfurt/M, war in der Weimarer Republik bis zu seinem Ausschluss 1928 Mitglied der KPD. Dann arbeitete er in der KPO (Kommunistische Partei-Opposition – eine Abspaltung von der KPD), die 1933 verboten wurde. Deren illegale Arbeit leitete er zunächst in Süddeutschland, bis er 1935 nach Frankreich flüchten musste. Dort musste er nach zeitweiliger Internierung untertauchen und kämpfte nach der deutschen Besetzung im „Bataillon Prosper“ in der Resistance. Nach dem Krieg bis 1949 Mitglied und Frankfurter Vorsitzender der Arbeiterpartei, einer hessischen regionalen Formation zwischen SPD und KPD. Nach deren Zerfall trat er 1954 in die SPD ein, deren marxistischem Flügel er angehörte, und war leitender Redakteur des DGB-Organs „Welt der Arbeit“. 1958 zog er für die SPD in den hessischen Landtag. In den 60er Jahren war er hauptsächlich in der Ostermarsch-Bewegung aktiv. Philipp Pless wurde 1967 Hessischer DGB-Vorsitzender, was er bis 1972 blieb. 1971 lehnte Pless das Große Bundesverdienstkreuz ab, da viele Nationalsozialisten (NSDAP) dieses bekommen hätten.Ein Jahr später am 7.12.1973 verstirbt er in Frankfurt.

Mehr Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_Pless

https://www.wiki-data.de-de.nina.az/Philipp_Pless.html

Werke von Pless: Der Wille zur Tat. Gewerkschaften als gesellschaftsverändernde Kraft. Reden und Aufsätze. Berlin 1973

Fred Gebhardt, geb. 27.2.1928

Bildquelle: Bibliographie, Deutscher Bundestag

Fred Gebhardt, geboren am 27.2.1928 in Bayreuth, engagierte sich als Kind einer sozialdemokratischen Familie ab 1945 in der SPD. Von 1974 bis 87 wurde er in den hessischen Landtag als Mitglied der SPD-Fraktion gewählt, anschließend wurde er Stadtrat in Frankfurt. Als Frankfurter SPD-Vorsitzender über 11 Jahre war er Garant für deren strammen Linkskurs, aber z. T. auf Kosten der damaligen SPD-OBs.

Von 1985 bis 2000 war er als Leiter des Volksbildungsheimes Frankfurt erfolgreich. Insgesamt engagierte er sich in einer Reihe weiterer anderen zivilgesellschaftlichen Organisation; u.a. als Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft zur Förderung des Friedens im Nahen Osten und des International Center for Peace in the Middle East, Tel Aviv.

1998 Austritt aus der SPD und Spitzenkandidat der hessischen PDS zur Bundestagswahl. Nach seiner Wahl Alterspräsident des Deutschen Bundestags. Gestorben am 15.8.2000 in Frankfurt.

Mehr Infos: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/alterspraesidenten-10-fred-gebhardt-213736

https://taz.de/Vom-Spaltpilz-zum-Alterspraesidenten/!1322905/

Rassistischer Terroranschlag in Hanau: 9 Tote, 19.02.2020

Mahnwache in Hanau für die am 19.2.2020 ermordeten 9 Menschen

Am 19. Februar 2020 wurden in Hanau bei einem rassistischen Terroranschlag von einem Faschisten neun junge Menschen erschossen. „Nach den rassistischen Morden haben wir uns auf Mahnwachen, Kundgebungen und Beerdigungen ein Versprechen gegeben: Dass die Namen der Opfer nicht vergessen werden. Dass wir uns nicht allein lassen. Dass es nicht bei folgenloser Betroffenheit bleibt…“. Am 6.3.2020 wurde so Initiative 19. Februar als Unterstützung der Betroffenen gegründet, doch innerhalb kurzer Zeit entwickelte sich ein gemeinsamer und fließender Prozess zwischen Angehörigen, Überlebenden und Unterstützer:innen.

#Saytheirnames steht als Botschaft des Gedenkens in großer Leuchtschrift über dem Laden der Initiative. Er ist zum lebendigen Ort der Erinnerung geworden und zum Ort des Organisierens, rund um die vier gemeinsam erarbeiteten Forderungen nach Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen.

Zurzeit steht im Kampf um Aufklärung der parlamentarische Untersuchungsausschuss in Wiesbaden im Mittelpunkt der Aktivitäten. Gleichzeitig arbeitet sie gemeinsam mit der unabhängigen Ermittlungsagentur Forensic Architecture an Rekonstruktionen zur Tatnacht, um nachhaltig das Behördenversagen zu thematisieren und entsprechend weiteren Druck auf die politisch Verantwortlichen auszuüben. „Hanau“ muss Konsequenzen haben.

Mehr Infos:

https://19feb-hanau.org 

https://www.fkv.de/ausstellung/three-doors-forensic-architecture-initiative-19-februar-hanau-initiative-in-gedenken-an-oury-jalloh/

https://www.rosalux.de/publikation/id/49926?fbclid=IwAR0w2StlmSI3_CX_TBDb_EX7LHBfRFwVH5bLMXGyZSLpzzET-EXH6TxkIis

Walter Fisch, geb. 16.2.1910

Bildquelle: Deutsche Fotothek

Walter Fisch, geb. am 16.2.1910 in Heidelberg, ist Vordenker, Vorsitzender und intellektueller Kopf der hessischen Nachkriegs-KPD. 1927 trat er der Roten Hilfe und 1928 dem Jugendverband der KPD bei. 1933 floh nach er einer Verhaftung und Folter durch die Nazis in die Schweiz.

Nach dem Krieg war er von 1945 bis 1948 hessischer KPD-Landesvorsitzender. 1946 war an der Erarbeitung der ersten Landesverfassung beteiligt. 1947 zog er für die KPD in den hessischen Landtag. 1948 wurde Walter Fisch auch stellvertretender Vorsitzender der westdeutschen KPD (bis 1951). Für die Periode von 1949 bis 1953 war er Mitglied des ersten Deutschen Bundestags. In diesen Jahren gehörte er zu den theoretischen Vordenkern des Versuchs einer Ausweitung der KPD-Basis in den linkssozialdemokratischen Bereich hinein gewesen. Nach dem KPD-Verbot 1956 war er illegal weiter für die Partei tätig und wurde 1958 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Danach als Journalist tätig. Verstorben 21.12.1966 in Frankfurt/M.

Mehr Infos: https://www.hans-litten-archiv.de/archiv/textbeitraege/12-walter-fisch-eine-kurzbiografie

https://www.wiki-data.de-de.nina.az/Walter_Fisch.html

Matthias Beltz, geb. 31.1.1945

Bildquelle: www.matthias-beltz.de

Der in Gießen aufgewachsene Matthias Beltz, geb. am 31.01.1945 in Wohnfeld/Vogelsberg, beteiligte sich mit seinem Jurastudium an der Uni in Frankfurt aktiv beim Frankfurter Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) und stand den Spontis nahe. Als Mitglied des RK (Revolutionärer Kampf) engagierte er sich als sog. „subversiver“ Arbeiter bei Opel, wofür er sein Referendariat abbrach. Ab Mitte der 70er entwickelte er sich zum linken Kabarettist, so brachte er sich beim Karl Napps Chaos Theater ab 176 ein, aus dem 1981 das Vorläufige Frankfurter Fronttheater hervorging. In Zusammenarbeit mit anderen bekannten Bühnenschauspielern wurde ab 1984 zu einem vor allem über das Fernsehen bekannten Kabarettstar. Er moderierte zahlreiche Hörfunksendereihen insbesondere beim Hessischen Rundfunk und trat auch in Serien und Filmen auf. 1988 gründete Beltz gemeinsam mit Johnny Klinke und Margareta Dillinger das Varieté Tigerpalast in Frankfurt. Gestorben am 27.9.2002 in Frankfurt/M.

Mehr Infos: http://www.matthiasbeltz.de/biografie.html

Paulskirchenbewegung, 29.01.1955

Bildverantwortung: Hans Riethmüller

Im „Deutschen Manifest“ vom 29. Januar 1955 kritisierte eine breite politische Bewegung die Einbindung der BRD und DDR in gegnerische Bündnissysteme und rief zum „Widerstand gegen die Wiederbewaffnung und für die Aufnahme von Verhandlungen über eine deutsche Wiedervereinigung“ auf. Das Manifest wurde in der Frankfurter Paulskirche bekanntgegeben, woher der Name der Bewegung hervorging. Hier trafen sich 1000 Vertreter der SPD, des DGB und der gesamtdeutschen Volkspartei von Gustav Heinemann. Hinzu kamen Vertreter politisch orientierter evangelischer Christen und Intellektuelle. Es sprachen unter anderem Alfred Weber, Helmut Gollwitzer, Gustav Heinemann und Erich Ollenhauer. Die „Paulskirchenbewegung“ war eine im Zuge der sogenannten Ohne-mich-Bewegung entstandene außerparlamentarische Bewegung.

Auf regionaler Ebene kam es bis März 1955 zu einer Reihe von Aktionen mit der Beteiligung von hunderttausenden Menschen. In Form von Kundgebungen oder Schweigemärschen wurde gegen die Aufstellung von Streitkräften in der Bundesrepublik Deutschland, aber auch der DDR protestiert. Allerdings war die Resonanz deutlich geringer als in früheren Kampagnen gegen die Militärpolitik Adenauers. Den von der Mehrheit des Bundestages beschlossenen Beitritt zur NATO im Mai 1955 konnte die Bewegung allerdings ebenso wenig aufhalten, wie eine Veränderung der anvisierten Vereinigungspolitik herbeiführen.

Mehr Infos:

https://www.deutschlandfunk.de/vor-65-jahren-das-deutsche-manifest-gegen-die-100.html

https://www.kommunisten.de/attachments/4816_Die_Paulskirchenbewegung_VMBl.pdf

Carl Ulrich, geb. 28.1.1853

Bildquelle: Stadtarchiv Offenbach

Carl Ulrich, geb. am 28.01.1853 in Braunschweig, galt ab Ende der 1880er Jahre als der „starke Mann“ in der hessischen SPD, was mit seiner sog. Offenbacher „Hausmacht“ viel zu tun hatte. Schon 1875 nahm er als Delegierter an der Gründung der „Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands“, der späteren SPD, in Gotha teil. Er wurde 1885 Mitglied des Landtags von Hessen-Darmstadt (bis 1932) und von 1890 bis 1930 saß er mit einer Unterbrechung als Abgeordneter im Reichstag für die SPD. 1895 wurde er der erste sozialdemokratische Stadtverordneter Offenbachs (bis 1918).

Mit der „Sozialistengesetzgebung“ wurde er im Dez. 1886 mit weiteren führenden SPD‘lern zu 9 Monate Haft verurteilt. Anschließend wurde er Herausgeber der als Genossenschaftsdruckerei organisierten sozialdemokratischen Zeitung Offenbacher Abendblatt (zuvor: Neue Offenbacher Tageszeitung), wo er schon 1875 begann zu arbeiten.

Nach der Novemberrevolution führte er ab 12.11.1918 defacto die neue Regierung Hessens, wurde am 21.2.1919 offiziell der erste Ministerpräsident des neu geschaffenen „Volksstaates Hessen“. Nach Inkrafttreten der neuen Landesverfassung am 16.03.1920 wurde er „Staatspräsident“. 1928 übergab er seine Position dem SPD’ler Bernard Adelung. Gestorben am 12.4.1933 in Offenbach.

Mehr Infos: https://www.spd-offenbach.de/de/carl-ulrich-c-1414-1----.html

https://www.darmstadt-stadtlexikon.de/u/ulrich-carl.html

Der Radikalenerlass und Berufsverbote, 28.1.1972

Bildquelle: GEW Hamburg

Am 28.01.1972 haben die Ministerpräsidenten der BRD den sog. „Radikalenerlass“ beschlossen. Rund 3,5 Mio. Menschen wurden vom Verfassungsschutz auf ihre politische Gesinnung hin überprüft. Es gab rund 11 000 Berufsverbotsverfahren, 2200 Disziplinarverfahren, 1256 abgelehnte Bewerbungen und 265 Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst. Wegen den vielen Mitarbeiter*innen mit Nazivergangenheit im Verfassungsschutz wurde dies besonders intensiv durchgeführt.

Sehr viele der Betroffenen haben allein deshalb ihre Arbeit verloren oder wurden gar nicht erst eingestellt, weil sie sich u.a. gegen Notstandsgesetze, Kriege engagiert hatten. Nie wurde den Betroffenen eine konkrete Dienstpflichtverletzung vorgeworfen, sondern es ging meist um Mitgliedschaft in legalen linken Parteien und Organisationen. Als eine Folge der Berufsverbotspraxis müssen heute Betroffene mit niedrigen Renten leben. Zudem sind manche wegen jahrelangen Gerichtsverfahren gesundheitlich angeschlagen. Die zentralen heutigen Forderungen der Betroffenen sind neben einer offiziellen Aufhebung des Radikalenerlasses die nach Entschädigungen.

Dieser Radikalenerlass ist als Teil der Verfolgung, Diffamierung und Ächtung von Kommunist*innen sowie anderen Linken und Friedensaktivisten in der Nachkriegs-BRD zu betrachten. Anders als die Verfolgung Oppositioneller in der DDR sind die massiven Repressalien gegen Linke in der alten BRD bis heute öffentlich kaum ein Thema.

Mehr Infos: https://www.rosalux.de/dossiers/der-radikalenbeschluss-wird-50

http://www.berufsverbote.de/index.php/Radikalenerlass.html

https://psl.verdi.de/branche/++co++0fb427b4-c4ad-11ec-8154-001a4a160116

https://taz.de/Repression-gegen-Linke-ab-1973/!5906667/

Walter Kolb, geb. 22.1.1902

Bildquelle: Walter Kolb Stiftung e.V. - walter-kolb.de

Walter Kolb, geb. am 22.1.1902 in Bonn, wird als Mitglied der SPD am 25.07.1946 als erster Frankfurter Oberbürgermeister nach dem Krieg frei gewählt. Ab 1950 sitzt er für seine Partei auch Mitglied des hessischen Landtags. In seiner Amtszeit beginnt der Wiederaufbau des weitgehend zerstörten Frankfurt, einerseits mit starkem sozialen und gemeinwirtschaftlichen Ansatz, andererseits planerisch desaströser Praxis. Eine später umstrittene Entscheidung war es, den Wiederaufbau der Altstadt auf einzelne, herausragende Gebäude zu beschränken und die ehemalige Altstadt größtenteils mit zeitgenössischen Wohnhäusern zu überbauen. Auch die Wiederbelebung der Messe, der Ausbau des Frankfurter Flughafens und des Stadions und die Entwicklung Frankfurts zu Deutschlands Finanzzentrum zählten zu seinen Arbeitsschwerpunkten. Er bewegte auch Max Horkheimer wieder nach Frankfurt zu kommen und setzte sich für die Sammlung von Akten zur Judenvernichtung im NS-Regime in Frankfurt. Kolb verstarb an Herzversagen am 20.9.1956 in Frankfurt.

Mehr Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Kolb

https://walter-kolb.de

Demonstration für die Stilllegung des Atomdorfs Hanau, 17.1.1988

Bildquelle: DPA /Alamy

Im Zuge der jahrelangen Kampagne gegen das „Atomdorf“ in Hanau - die europaweit größte Ansammlung von Nuklearfirmen, die spaltbares Material und Atommüll produzierten und verpackten - fand am 17.1.1988 die größte Demonstration in Hanau für ihre Stilllegung statt. Kurz vorher am 14.1.1988 wurde der sog. Nukem/Transnuklear-Skandal bekannt. 15.000 Menschen gingen auf die Straße gegen die illegalen Machenschaften aller Nuklearfirmen in Hanau und der Unterstützung durch Behörden und Politik.

Führende Manager der Hanauer Firma Transnuklear wurden 1991 angeklagt, im großen Stil Atommüll in Belgien unsachgemäß entsorgt und teilweise ins Meer gekippt zu haben. Sie wurden nur zu Bewährungs- und Geldstrafen verurteilt.

Dieser Skandal und die gesellschaftlichen Proteste trugen erheblich zum Niedergang der AKW-Wirtschaft in Deutschland bei. Die Stilllegung der Produktionsanlagen im „Atomdorf“ Hanau dauerte bis 2005.

Mehr Infos: https://umweltfairaendern.de/2016/02/hanau-plutonium-transnuklear-skandal-der-anfang-vom-ende-des-atomdorfs/

https://www.youtube.com/watch?v=RO04mwyZe4E

Hans-Jürgen Krahl, geb. 17.01.1943

Hans-Jürgen Krahl während eines Studierendenstreiks an der Universität

Der begabte Adornoschüler Hans-Jürgen Krahl, geb. 17.1.1943 in Sarstedt/Niedersachsen, studierte in Frankfurt/M und war der charismatische und rhetorisch begabte Lautsprecher des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Neben Rudi Dutschke wurde er von vielen als der beste Theoretiker des SDS eingeschätzt. Vielen galt er als präsumtiver Nachfolger Adornos, bei dem er seine Promotion begann. Er begründete (neben anderen) den Sonderweg des Frankfurter SDS, der nicht in eine maoistische Aufbauorganisation mündete, sondern in den antiautoritären Spontanismus. Ein tödlicher Autounfall am 13.2.1970 in Wrexen beendete jäh alle Hoffnungen und Pläne.

Mehr Infos: https://krahl-seiten.de/

http://www.hjki.de/

https://www.studentenbewegung-frankfurt.de/hans-juergen-krahl/

https://www.jungewelt.de/artikel/442884.html

Martin Niemöller, geb. 14.1.1892

Martin Niemöller hält eine Rede auf einem Ostermarsch

Martin Niemöller, geb. am 14.1.1982, war ab 1934 als Pfarrer in Berlin-Dahlem führendes Mitglied der „Bekennenden Kirche“, die sich gegen die Unterordnung der Evangelischen Kirche und des „Reichsbischofs“ Ludwig Müller unter die Kirchenpolitik des 3. Reiches wandte. Er kam ab 1937 in Gefängnishaft, ab 1938 saß er in KZ-Haft in Sachsenhausen und in Dachau als „persönlicher Gefangener“ Adolf Hitlers, zum Schluss als „Sonderhäftling“ der SS in Südtirol.

Von 1947 bis 1965 wurde Martin Niemöller Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen-Nassau und damit zu einer zentralen Figur der deutschen Friedensbewegung: Mit-Initiator von „Kampf dem Atomtod“ in den 50er Jahren, seit 1958 Präsident der „Internationale der Kriegsdienstgegner“ (IdK) in der BRD, seit deren Fusion mit dem Verband der Kriegsdienstverweigerer (VK) und der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG) 1974 auch deren Präsident, 1967 Ehrenpräsident des Weltfriedensrates. Gestorben am 6.3.1984 Wiesbaden.

Mehr Infos: https://dfg-vk.de/unsere-geschichte/#/

https://www.zdf.de/dokumentation/zur-person/martin-niemoeller-zeitgeschichte-archiv-zur-person-gaus-100.html

https://www.deutschlandfunkkultur.de/neue-biografie-ueber-martin-niemoeller-kirchenmann-pazifist-100.html

Olaf Radke, geb. 22.12.1922

Foto, 16.6.1954; Urheberrechte: Foto Rudolph, Wiesbaden, vollständige und ausschließliche Nutzungsrechte: HHStAW, Nachweis in Arcinsys#https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction.action?detailid=v6063000

Der linke Sozialdemokrat Olaf Radke, geb. am 22.12.1922 in Stuttgart, war in der Nachkriegszeit als Hauptvorstandsmitglied der IG Metall ein wichtiger Vordenker und Fürsprecher der Gewerkschaftslinken. Als Jurist war er hauptverantwortlich für die klare Positionierung der IG Metall gegen die Notstandsgesetze von 1968. Mit seinen frühen Arbeiten hat er sich u.a. zum Thema Effektivverdienste von Frauen gemessen am Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes politisch eingebracht. Bis zu seinem Tod war er rund 20 Jahre Mitglied des hessischen Landtags. Ab 1969 war Olaf Radke auch als Fachschriftsteller tätig. Gestorben am 27.7.1972 Frankfurt.

Mehr Infos: https://parlamente.hessen.de/abgeordnete/1108810691-radke-olaf

In Spiegel Artikel von 1970 über ihn: https://www.spiegel.de/politik/zwischen-den-fronten-a-00d59433-0002-0001-0000-000045439794

Artikel von 1964 "Das neue Schlichtungsabkommen aus Sicht der IG Metall": https://jstor.org/stable/24502389

Club Voltaire Frankfurt, 05.12.1962

Rudi Dutschke trat 1968 im Club Voltaire auf (Foto: Barbara Klemm)

Am 15.10.1962 gründeten 30 junge Leute mitten in Frankfurt a.M. den politischen Club Voltaire. Sie wollten einen Ort schaffen, wo sich unabhängig vom reaktionären politischen Klima der Adenauerzeit diskutieren und feiern ließ. Die meisten kamen aus dem Spektrum der Sozialdemokratie und Gewerkschaften. In den späten 60er und 70er Jahren war der Club ein wichtiges Organisations- und Debattierzentrum der linken Bewegungen, ohne sich von einer Partei vereinnahmen zu lassen.

Diesem Prinzip ist er bis heute treu geblieben. Im Lauf der Jahrzehnte durchlebte der Club Höhen und Tiefen, stand zwischendurch am Rande des Bankrotts (1995), erfuhr giftige Angriffe von politischen Gegnern, aber auch viel Solidarität und aktive Unterstützung. Dort führten die Parteien der Grünen und die LINKE Debatten, politische Bewegungen fanden einen logistischen Stützpunkt. Heute stehen die Krisen der Zeit im Mittelpunkt: Krieg und Frieden, Klimakollaps, Antifaschismus und internationale Solidarität.

Der Club bewahrt die Tradition Frankfurts als Jazz-Metropole. Mit Einzelkonzerten, Diskos, Kleinkunst, Comedy und dem alljährlichen Straßenfest bereichert der Club das kulturelle Leben Frankfurts. Künstler*innen können ausstellen und politische Gruppen sich günstig treffen. Ohne seine Kneipe wäre der Club nur eine halbe Sache. Seit den Anfangsjahren gibt es mitten in der Innenstadt, ein preisgünstiges Angebot an Speisen und Getränken.

Webseite: www.club-voltaire.de

YouTube: www.youtube.com/channel/UC6AkJdfGmmHMaEk52P0uVyg

Facebook: www.facebook.com/clubvoltaireffm/

Hessische Verfassung, 01.12.1946

Der Wiesbadener Kurier, Ausgabe 2.12.1946

Die Hessische Verfassung ist am 1. Dezember 1946 durch eine Volksabstimmung mit einer Zustimmung von 78 % in Kraft getreten und die älteste noch gültige Verfassung in Deutschland. Eine Besonderheit ist die Forderung, dass „jeder Missbrauch der wirtschaftlichen Freiheit - insbesondere zu monopolistischer Machtzusammenballung und zu politischer Macht – untersagt ist“ (Art. 39 HV). Mit dem Sozialisierungsartikel 41, der bei einer gesonderten Abstimmung der Bevölkerung mit 74 % angenommen wurde, sollte der Bergbau, die Eisen- und Stahlerzeugung, die Energiewirtschaft und die Eisenbahnen in Gemeineigentum überführt und Großbanken und Versicherungen unter staatliche Aufsicht gestellt werden. In allen Betrieben sollten die Arbeitnehmer gleichberechtigt mitbestimmen (Art. 37 Abs. 2 HV). Somit sollte die Wirtschaft des Landes dem Wohle des ganzen Volkes und der Befriedigung seines Bedarfs dienen.

In der verfassungsgebenden Landesversammlung stimmten SPD, CDU und KPD für diese Verfassung, nur die LDP war dagegen. Allerdings ist von alledem nur wenig umgesetzt worden, weil für die erforderlichen Einzelgesetze die Regelungskompetenz ab 1949 den Ländern nach und nach entzogen wurde.

Die 2005 vom Hessischen Landtag eingesetzte Verfassungsenquete hat Vorschläge unterbreitet, wonach versteckt hinter Ehrenamt und Todesstrafe der kapitalismuskritische Charakter der Hessischen Verfassung beseitigt werden sollte. Weil die SPD nicht mitmachte, wurde es nicht umgesetzt. Ein weiterer Verfassungskonvent erhielt 2016 den Auftrag, „die Hessische Verfassung in ihrer Gesamtheit zu überarbeiten.“ Das ist bisher auch nicht weit gekommen.

Link zur Verfassung: https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/jlr-VerfHEpIVZ

Link zur Veranstaltung 75 Jahre Hessische Landesverfassung: https://hessen.rosalux.de/news/id/45422/hessen-gab-sich-eine-sozialistische-verfassung

Toni Sender, geb. 29.11.1888

Auswahl von Bilder von Toni Sender, Quelle: www.fembio.org
Auswahl von Bilder von Toni Sender, Quelle: www.fembio.org

Toni Sender, geb. am 29.11.1888 in Wiesbaden, war in der Novemberrevolution 1918/19 die einzige Frau im Frankfurter Arbeiter- und Soldatenrat, als Vertreterin des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes (DMV). Ab 1920 eine der ersten Frauen im Deutschen Reichstag (für die USPD, seit deren „Wiedervereinigung“ von 1924 bis 1933 für die SPD). Da sie als prominente Linke in der hessischen SPD nicht mit einem sicheren Listenplatz rechnen konnte, wechselte sie ihren Wahlkreis nach Sachsen. 1933 musste sie in die Tschechoslowakei flüchten, von dort ging sie 1936 in die USA. Nach Ende des Krieges war sie als Repräsentantin der AFL und des IBFG bei den Vereinten Nationen in New York tätig. Am 26.6.1966 verstirbt Toni Sender in New York/USA.

Mehr Infos: Toni Sender Akademie + Arbeiterbewegung Digital + Friedrich-Ebert Stiftung

Boxheimer Dokumente lassen NSDAP-Regierungsteilhabe platzen, 25.11.1931

Links: Berliner Morgenpost, Ausgabe Ende Nov 1931 Rechts: SPD Flugschrift 1932
Links: Berliner Morgenpost, Ausgabe Ende Nov 1931 Rechts: SPD Flugschrift 1932

Bei der Landtagswahl in Hessen am 16.11.1931 verlor die seit Beginn der Weimarer Republik regierende Koalition aus SPD, Zentrum und DDP erstmals ihre Mehrheit; NSDAP und KPD bekamen zusammen über 50% der Stimmen. Die Reichsführung der Partei Zentrum (unter dem Vorsitzenden Brüning, der auch deutscher Kanzler ist) gibt der hessischen Führung heimlich grünes Licht für eine Koalition mit der NSDAP (Taktik des „Zähmens durch Einbindung“). Dies platzt, weil ein abtrünniger krimineller NSDAP-Funktionär der Offenbacher Polizei die „Boxheimer Dokumente“ übergibt, einen detaillierten Plan der hessischen NSDAP-Führung zur gewaltsamen Machtübernahme in Hessen.

Mehr Infos:

DFG-VK Darmstadt + Wikipedia + Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge

Helmut Schauer, geb. 23.11.1937

Helmut Schauer, geb. 23.11.1937
Statement Helmut Schauer (SDS) zur Einladung der FDJ zum Bundeskongress, Quelle: ARD-Mediathek

Helmut Schauer, geb. am 23.11.1937 in Stuttgart, war Bundesvorsitzender des Sozialistischen Studentenbundes (SDS) in den entscheidenden Jahren von dessen Aufstieg 1964 – 1966 und maßgeblich verantwortlich für die großen Kampagnen gegen die Notstandsgesetze, den Vietnam-Krieg usw., und war Sekretär des beim Hauptvorstand der IGM angesiedelten Kuratoriums „Notstand der Demokratie“. Zuvor war er in Köln Bundessekretär des „Verbandes der Kriegsdienstverweigerer“ und aktiv in der Solidaritätsbewegung „Freies Algerien“. Nach der SDS-Zeit bei der IG Metall tätig in der internationalen Vernetzung und der Koordination der europäischen Metall-Tarifpolitik mit Büro in Brüssel.

Gestorben am 12.11.2001 in Frankfurt.

Mehr Infos: www.sozialismus.de + www.ardmediathek.de

Wiederherstellung des Kurfürstentums Hessen-Kassel und anderer hessischen Fürstentümer, 21.11.1813

Bild: Wappen des Kurfürstentums Hessen-Kassel

Nach Napoleons Niederlage und der Wiederherstellung des Kurfürstentums Hessen-Kassel durch seine Herauslösung aus dem napoleonischen Konstrukt „Königreich Westfalen“ kehrt Kurfürst Wilhelm IX. am 21.11.1813 nach Kassel zurück. Dem Kurfürstentum wurden große Teile des Fürstbistums Fulda und Hanau zugeschlagen. Es beginnt eine reaktionäre Phase nach Maßgabe der Metternich’schen Politik. Die meisten fortschrittlichen Neuerungen der Bonapartes werden rückgängig gemacht.

Kurz zuvor am 2.11.1813 trat das Großherzogtum Hessen – mit Hauptstadt Darmstadt - aus dem Rheinbund aus und schloss sich der antinapoleonischen Allianz an. Hessen-Darmstadt wurde um linksrheinische Gebiete mit Mainz und Worms, die den Namen Rheinhessen erhielten, erweitert. Nassau blieb als Herzogtum bestehen. Als souveräne Kleinstaaten gehörten das Landgraftum Hessen-Homburg und das Fürstentum Waldeck dem Deutschen Bund an. Frankfurt wurde nach der Auflösung des gleichnamigen Großherzogtums wieder der Status einer Freien Stadt verliehen, den es bis zum Jahr 1866 behielt.

Mehr Infos: https://hessen.de/Wissen/Geschichte-des-Landes/19-Jahrhundert

Novemberrevolution in Hessen, 11.11.1918

Novemberrevolution in Hessen, 11.11.1918
Quelle: Stadtarchiv Darmstadt

Bis zum 11.11.1918 wird in den hessischen Städten wie Frankfurt, Offenbach, Kassel, Wiesbaden, Darmstadt, Hanau und Marburg die exekutive Macht nach mehrtägigen Aufständen durch Soldaten- und Arbeiter*innenräte im Rahmen der „Novemberrevolution“ in Deutschland übernommen. Im hessischen Umland werden parallel dazu Bauernräte gebildet.

Die Unruhen beginnen am 7.11.1918, als 150 Matrosen des Kieler Soldatenrats in Frankfurt eintreffen. Bei der Gründung des Frankfurter Arbeiter- und Soldatenrats im Frankfurter Hof ist Toni Sender, Metallgewerkschafterin und führendes USPD-Mitglied, treibende Kraft. Der Großherzog Ernst Ludwig v. Hessen wird vom Arbeiter- und Soldatenrat von Darmstadt am 9.11.1918 abgesetzt. Dieser proklamiert die „Freie Sozialistische Republik Hessen“.

Beauftragt vom Arbeiter- und Soldatenrat, wird durch die SPD am 14.11.1918 eine provisorische Landesregierung unter Einbezug von bürgerlichen Parteien ins Leben gerufen. Damit wird die Gründung des „Volksstaat Hessen“ proklamiert und Hessen zur Republik erklärt. Der erste Ministerpräsident Carl Ulrich baut eine repräsentative Demokratie auf und verdrängt die Räte in wenigen Wochen von jeglicher Machtausübung.

Der Volksstaat Hessen umfasst lediglich das bisherige Großherzogtum Hessen-Darmstadt mit dem südhessischen Landesteil plus Rheinhessen und ein nördliches abgetrenntes Gebiet. Hauptstadt ist Darmstadt, größte Stadt ist Mainz. Das seit 1866 von Preußen annektierte Kurfürstentum Hessen-Kassel und das Fürstentum Nassau – heutiges Westhessen – werden zur preußischen Provinz Hessen-Nassau zusammengeschlossen.

Mehr Infos: https://bit.ly/3WPJQLk + https://www.rosalux.de/rosalux-history

Beginn der Rodung des Dannenröder Waldes, 10.11.2020

Beginn der Rodung des Dannenröder Waldes, 10.11.2020

Die Rodung des Dannenröder Waldes bei Stadtallendorf in Mittelhessen für den Weiterbau der A49 beginnt am 10.11.2020 mit einem großen Polizeieinsatz. Ab Herbst 2019 hatten viele ökologisch orientierte Aktivist*innen Baumhäuser in diesem biologisch wertvollen Wald errichtet. Dabei wurden sie von vielen vor Ort lebenden Menschen und Bürgerinitiativen aktiv unterstützt. Die Bewohnung des „Danni“ Waldes hatte sich auch am Widerstand im Hambacher Forst in NRW gegen Kohleabbau orientiert.

Die Häuser der Baumbewohner*innen wurden trotz vieler anhaltender Proteste und öffentlicher Kritik bis Mitte Dezember 2020 in einem repressiven Vorgehen der Polizei zerstört, infolge mehr als zwei Dutzend Baumhausbewohner*innen verletzt werden.

Der Ausbau der A49 wird seit den 80er Jahren von vielen lokalen Bürgerinitiativen als auch bundesweit ökologisch agierenden Organisationen und Aktivist*innen als absolut unnötig bezeichnet; gerade in Zeiten der sich verschärfenden Klimakrise. Letztere haben sich in der Kampagne „Wald statt Asphalt“ gegen den bundesweit weitergehenden Autobahnausbau zusammengeschlossen.

Mehr Infos: www.danni-bleibt.de + www.wald-statt-asphalt.net