Am 6. Oktober 2019 wird in Portugal gewählt. Die in einer «verhandelten Tolerierung» von der radikalen Linken gestützte Anti-Austeritätsregierung der Sozialisten ist erfolgreich. Sie konnte spürbare Verbesserungen durchsetzen und sich gegen die Zumutungen der europäischen Institutionen zur Wehr setzen. Abgeschlagen sind laut Prognosen die rechts-liberalen (21,5%) und rechten Parteien (4,8% und 1,4%). Die Grün-Kommunisten verlieren in Umfragen leicht (6,5%), der Bloco d'Esquerda (Linksblock) bleibt stabil (11%). Es profitiert davon allerdings vor allem die Sozialistische Partei (37,5%), der laut Umfragen nicht mehr viel fehlt bis zur absoluten Mehrheit (nur ein Sitz würde fehlen).
Mario Candeias ist Direktor des Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Der Regierungschef António Costa hat jedoch mehrfach erklärt, er möchte das erfolgreiche Modell mit der Linken gern fortführen. Intern knirscht es allerdings. Die veränderten Kräfteverhältnisse im Bündnis machen es immer schwieriger der Regierung ernsthafte linke Projekte abzutrotzen. Ein Bündnis auf Augenhöhe ist schwierig geworden. Bei einer absoluten Mehrheit der Sozialisten wäre eine Fortsetzung des Bündnisses aus meiner Sicht sinnlos, substanzielle Kompromisse nur noch durch Gnade der Regierung zu erreichen.
Verfehlt die sozialistische Partei die absolute Mehrheit, kann sie zwischen Bloco und den Newcomern der PAN - Partido pelos Animais e pela Natureza (Partei für die Tiere und die Natur) wählen. Letztere haben im Parlament auch bisher fast immer mit dem Mitte-links-Bündnis gestimmt. Der Bloco ist nicht mehr unverzichtbar. Das macht es für den Bloco noch schwerer, die eigenen Projekte und Positionen durchzusetzen.
Allerdings kann er auch konsequent seine wichtigsten Projekte zur Diskussion stellen - schon um erkennbar zu bleiben und nicht zum Anhängsel der Regierung zu werden. Sollte die sozialistische Partei zu substanziellen Kompromissen nicht bereit sein, könnte der Bloco mit einer guten Bilanz der letzten Jahre erhobenen Hauptes in die Opposition gehen. Für die Grün-Kommunisten gilt dies in jedem Fall, da sie für eine Regierungsbildung numerisch nicht mehr gebraucht werden und in der Regierung eher an Glaubwürdigkeit bei ihren Wähler*innen verloren haben.
Für die Sozialisten wäre es vielleicht klug, die Zusammenarbeit mit der radikalen Linken fortzuführen, weil sie gegenüber den europäischen Institutionen und dem rechten Flügel im Parlament und in der eigenen Partei auf der einen und der radikalen Linken auf der anderen Seite, immer die zentristische Position vertreten kann. Das hat ihr nach eigener Aussage geholfen, einen gemäßigten Linkskurs durchzuhalten. Nur auf diese Weise ließe sich die sanfte Erneuerung der Sozialdemokratie fortführen, wie sie im übrigen Kontinentaleuropa sonst bisher nicht zu finden ist. Für die radikale Linke wäre dies ein gangbarer Weg, sofern sie damit weiter zentrale linke Projekte umsetzen kann. Keine leichte Wahl.