Die Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik seit 1990 war Gegenstand eines Gesellschaftspolitischen Forums in Wiesbaden. Im Plenarsaal des Hessischen Landtages diskutierten Mitte Juni rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über Motive, Methoden und Auswirkungen der neuen Sicherheitsstrategie sowie über die Herausforderungen an eine linke Friedenspolitik.
AktivistInnen aus Friedensinitiativen und PolitikerInnen von drei Bundestagsparteien erörterten die Sicherheitspolitik, die mit einer Militarisierung nach außen und der Zivilgesellschaft einhergeht. Bei der Analyse herrschte weitgehend Übereinstimmung. Das Konzept der «vernetzten Sicherheit» beziehe zivile Politikbereiche und zivilgesellschaftliche Akteure, etwa der Krisen- und Entwicklungshilfe, in die Militärstrategie ein. Deutschland habe seine «weltpolitische Zurückhaltung » nach und nach aufgegeben und verstehe es, seine Interessen in Bündnissen zu verfolgen und militärisch durchzusetzen, hob etwa Werner Ruf hervor. Ein Workshop befasste sich mit der Frage der fortschreitenden Militarisierung von EU und NATO und deren Verhältnis zur UNO sowie der Bedeutung Deutschlands dabei.
In einem weiteren Workshop ging es um Funktionsweisen und Implikationen der «vernetzten Sicherheit» bei der so genannten Zivilmilitärischen Zusammenarbeit. Zudem wurden Fragen vertieft, inwiefern Kapitalismus, Globalisierung und Krieg in einem direkten Zusammenhang stehen und welchen Anforderungen eine friedenspolitisch ausgerichtete Abrüstungspolitik genügen muss.
Der Abend des zweiten Tages war von einer heftigen Kontroverse geprägt. Die Ex-Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) forderte in einem Streitgespräch mit den Bundestagsabgeordneten Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) und Wolfgang Strengmann-Kuhn (Bündnis90/Die Grünen), dass DIE LINKE ihre Fundamentalopposition gegen Bundeswehreinsätze mit UN-Mandat aufgeben solle. Wenn es das Völkerrecht militärisch zu verteidigen gelte, solle sie Militäreinsätze akzeptieren. Die Forderung provozierte vehementen Widerspruch aus dem Publikum. Eine deutliche Mehrheit der Konferenzbeteiligten sprach sich dafür aus, dass DIE LINKE ihre konsequente Friedenspolitik fortsetzen müsse, anderenfalls drohe sie gesellschaftliche Akzeptanz und Zuspruch zu verlieren. Das neue Parteiprogramm müsse an einigen Stellen ein schärferes friedenspolitisches Profil erhalten, lautete der Tenor. Neben der Forderung nach Abschaffung der NATO könnten dazu eine Stärkung der UNO, eine Beendigung der Zivilmilitärischen Zusammenarbeit, die Herstellung einer strukturellen Nichtangriffsfähigkeit der Bundeswehr sowie ein Abzug der Atomwaffen aus der Bundesrepublik gehören. Unter www.rosalux.de/shorturl/deutsche-sicherheitspolitik ist die Konferenz online dokumentiert.
Salvador Oberhaus leitet das Regionalbüro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Mainz
Aus. RosaLux 3-2010
Nachricht | International / Transnational - Krieg / Frieden Kontroverse ums Militär
Ex-Ministerin erntet viel Widerspruch bei Konferenz in Wiesbaden