Nachricht | Krieg / Frieden Atomwaffen verschrotten – Atomkraftwerke abschalten – Kriege sofort beenden

Veranstaltungsbericht: Zweiter friedenspolitischer Ratschlag, Frankfurt / M., 6. August 201

Rund 60 Friedensbewegte waren der Einladung der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Hessen in das Frankfurter Gewerkschaftshaus gefolgt. Ort und Tag des 2. friedenspolitischen Ratschlags waren nicht zufällig gewählt. Die Tagung im Gewerkschaftshaus sollte auf die enge Verbindung der Friedens- und Gewerkschaftsbewegung hinweisen und es war der 66. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima.

Der erste Teil des Ratschlags wurde mit Referaten von Erhard Crome (RLS) und Wolfgang Gehrcke (MdB) eröffnet. In seiner Einschätzung der aktuellen internationalen Politik wies Erhard Crome daraufhin, dass die Planungen über die Modernisierung der Atomwaffen bis 2080 gehen würden und in den letzten 20 Jahren die Abrüstung kein Thema des Westens gewesen sei. Daher dürfe die Friedensbewegung davon nicht ablassen.

Nach Crome stellen sich die gegenwärtigen Herausforderungen wie folgend dar: »Erstens, die Weltwirtschaftskrise ist nicht vorbei. Sie wanderte von der Finanz- in die Realwirtschaft. Alle bisherigen Regelungen haben nicht dazu geführt, dass eine tatsächliche Beschränkung der internationalen Finanzmärkte erfolgt ist. Zweitens: die Schuldenbremse der USA ist auf 16 Billionen erhöht worden, doch die Gefahren für die Weltwirtschaft konnten nicht beseitigt werden. Zudem ist zu erwarten, dass aufgrund immenser Sparmaßnahmen neue Konflikte im Land entstehen werden. Drittens: die weltweiten Rüstungsausgaben haben Rekordhöhen erreicht. Zweidrittel der Ausgaben entfallen auf den Westen. Wer über Abrüstung reden will, muss über NATO und ihre Ausgaben reden. Viertens: die regionalen Kriege weiten sich aus. Der Libyenkrieg findet weiterhin statt. Zivile Ziele werden bombardiert. Die Drohung der zivilen Bevölkerung wird so zum Instrument des Regime change gemacht«. Aktuell würde der Hunger in Ostafrika zeigen, welche fatalen Ergebnisse wir von der Politik des Westens zu erwarten haben. Deshalb sei das Ringen um gerechtere Lösungen notwendiger denn je, so Crome.

Wolfgang Gehrcke hingegen wies auf die schärfer gewordenen sozialen Härten, Kriege, Krisen und skandalösen moralischen Auswüchsen hin. Die außerparlamentarischen Bewegungen, aber auch die LINKE seien derzeit nicht in der Lage, dagegen eine wirksame Mobilisierung zu organisieren. Daher seien eine nüchterne Analyse und die Diskussion darüber, was verändert werden kann, notwendig.

In einem Rückblick erläuterte Gehrcke, was die Mechanismen der modernen Kriege seien: »Kriege als Normalität zu begreifen, Parlamentsbeschlüsse herbeizuführen und eine Öffentlichkeit zu schaffen, die Kriege toleriert«. Der gemeinsame Konsens, dass vom deutschen Boden aus keine Kriege geführt werden sollen, sei aufgekündigt und die Bundeswehr zu einem Einsatzarmee verändert worden. Gehrcke: »Die deutsche Kriegsbeteiligung konnte nur durch Rot-Grün möglich. SPD und Grüne haben diesen Paradigmenwechsel durchgesetzt. Heute agieren sie genau wie damals und sind für eine deutsche Beteiligung am Libyenkrieg. Daher wird ein Regierungswechsel keinen Paradigmenwechsel bringen«.

Imperiale Politik würde heute nicht mehr nationalstaatlich, sondern durch die Dominanz in den internationalen Institutionen durchgesetzt. Diese seien die EU, NATO, Weltbank und die IWF. Die LINKE müsse daher die weltweiten Eigentumsverhältnisse thematisieren und darüber diskutieren, wie die UNO wieder auf ihre eigene Charta zurückgeführt werden kann.

In den Parlamenten könne ohne eine Verbindung zu den Bewegungen nichts verändert werden. Bewegungen aber müssen gegenüber Parteien offensiver werden. Auch die LINKE benötige Druck, um Anpassungen zu widerstehen. Dennoch sei DIE LINKE eine gute Adresse für Bewegungen.

Den Referaten folgte eine anregende Diskussion. In den 10 Redebeiträgen wurden u. a. der Aspekt der Eurokrise und die wirtschaftlich-politische Hegemonie Deutschlands in Europa; die aktuelle Programmdebatte der LINKEN und die Gefahr der »Aufweichung friedenspolitischer Positionen«; die Militarisierung der UNO und die Gefährlichkeit der EU-Wirtschaftspolitik; der Zusammenhang von Atomwaffen, AKWs und Kriegen; die Herbstagenda der Friedensbewegung; die Rolle der Bundeswehr und ihre Transformation sowie die aktuellen Entwicklungen im NATO-Mitgliedsland Türkei angesprochen.

Der zweite Teil des Ratschlages begann mit einem Referat des IPPNW-Vorsitzenden, Mathhias Jochheim. Dass gerade Japan als Atombombenopferland mit AKWs derart überschwemmt worden sei, fand Jochheim die tragische Seite der Entwicklungen. Es habe sich gezeigt, dass AKWs eine menschenfeindliche Energieform und für die Nutzung auf unserem Planeten völlig ungeeignet seien. Dennoch würden die langfristigen Wirkungen der radioaktiven Verseuchung in den gängigen Medien nicht mehr problematisiert. Es müsse aber auch konstatiert werden, dass die Umweltbewegung in Deutschland die Bundesregierung habe bewegen können, was ermutigend sei. Es gebe trotz Schwierigkeiten, weiterhin Möglichkeiten, Menschen gegen Atomwaffen, AKWs und Kriege zu mobilisieren. Es sei wichtig, dass der Zusammenhang von AKWs und Atomwaffen immer wieder hergestellt werde, so Jochheim.

In Arbeitsgruppen wurden dann die Themen »Regionale Militarisierung in Hessen«, »Ausländische Stützpunktpolitik – Wiesbaden Erbenheim«, »Zivil-militärische Zusammenarbeit«, »Bundeswehr in Schulen und Hochschulen« sowie »Rüstungsexporte und Konversion« bearbeitet. ReferentInnen waren Joachim Guillard, Lühr Henken, Tobias Pflüger, Barbara Cárdenas (MdL) und Jasper Prigge, Paul Schäfer (MdB) und Thomas Meinhardt. In den AGs wurde deutlich, dass die Informationen über diese Themen selbst für informierte TeilnehmerInnen schockierend waren.

Am Ende fasste der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag, Willi van Ooyen die Ergebnisse des Tages zusammen. Der Ratschlag habe sein Ziel, unterschiedlichen Gruppen und Strömungen der Friedensbewegung einen Rahmen zu geben, erreicht. Die Fraktion werde die Anregungen und Vorschläge aus den Diskussionen für die parlamentarischen Aktivitäten gerne aufnehmen und weiterhin die Friedensbewegung in ihren Bemühungen unterstützen. Fraktion und Stiftung würden auch in der Zukunft solche gemeinsamen Ratschläge organisieren und die Ergebnisse dieses Ratschlags in einer Dokumentation veröffentlichen.

Die TeilnehmerInnen unterstützten am Ende auch den Aufruf »zum 2. Aktionstag TATORT Kurdistan« am 1. September 2011.