Nachricht | Stadt / Kommune / Region - Sozialökologischer Umbau - Wärmewende «Grüner Wasserstoff»: Alternative für Wärmeversorgung?

Ganz klar: Nein. Wasserstoff hat im Gebäudebereich nichts zu suchen. Kommunale Verantwortungsträger sollten hier im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung wach bleiben.

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Uwe Witt,

Eine Collage stellt ein mit erneuerbaren Energien betriebenes Elektrolyseverfahren dar und einem Tankwagen, der H2 transportiert.
Eine Luftnummer: Grüner Wasserstoff als Alternative in der Wärmeversorgung.
Nach einer Untersuchung der Internationalen Energieagentur könnten die bisher relativ sicher absehbaren Mengen an grünem Wasserstoff aus heimischer Produktion in Nordwesteuropa im Jahr 2030 gerade einmal rund fünf Prozent der bisherigen klimaschädlichen Erdgas-basierten Wasserstoffproduktion ersetzen. Bild: Scharfsinn86, via iStock

Der Hauptgrund für die Ineffizienz von «grünem» – also mittels Ökostrom im Elektrolyseverfahren hergestellter – Wasserstoff ist, dass er energetisch sehr verlustreich (und damit auch sehr teuer) erzeugt werden muss. Eine Wärmepumpe erzeugt aus der gleichen Menge Energie über fünf- bis zehnmal mehr Wärme als Wasserstoff, der über Brennstoffzellenheizungen oder Wasserstoffheizkessel zum Einsatz kommen soll. Hinter dem Energieeinsatz steht letztlich woanders benötigter Ökostrom. Es geht also um Wind- und Photovoltaikanlagen, um knappe Flächen und Akzeptanz.

Uwe Witt ist Referent für sozial-ökologische Transformation der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Darüber hinaus wird grüner Wasserstoff aber auch schlicht nicht verfügbar sein. Nach einer Untersuchung der Internationalen Energieagentur könnten die bisher relativ sicher absehbaren Mengen an grünem Wasserstoff aus heimischer Produktion in Nordwesteuropa im Jahr 2030 gerade einmal rund fünf Prozent der bisherigen klimaschädlichen Erdgas-basierten Wasserstoffproduktion ersetzen. Da wäre noch nicht ein Kilogramm grüner Wasserstoff für neue Anwendungen übrig, wie er für die Dekarbonisierung von weiteren stofflichen Prozessen in der Chemie- oder Stahlindustrie, für synthetische Kraftstoffe im Luft- und Seeverkehr oder als saisonaler Energiespeicher benötigt wird.

Eine Politik für sinnlose ineffiziente Wasserstoff-Anwendungen im Wärme- oder Pkw-Bereich, wie sie FDP, Union und BSW vorantreiben, ist vor diesem Hintergrund nicht nur absurd, sondern gefährdet auch wichtige Industriezweige und Arbeitsplätze.

Dabei werden auch keine Wasserstoff-Importe helfen. Fast der gesamte grüne Wasserstoff, der auf dem Seeweg kommen soll – wenn er denn überhaupt kommt – wird Europa aus technisch-ökonomischen Restriktionen in Form von Ammoniak erreichen, nicht als Wasserstoff. Eine Rückumwandlung dieses Ammoniaks in molekularen Wasserstoff und Stickstoff gilt wegen der zusätzlichen Verluste als zu ineffizient und nicht wirtschaftlich. Von den Problemen hinsichtlich Umwelt- und Menschenrechten, die sich in den erwünschten Produzentenländern im Globalen Süden aufgrund von unseren Import-Begehren ergeben können, ist da noch gar nicht die Rede.

Kurzum, wer ernsthaft mit Wasserstoff im Gebäudesektor plant, macht eine Luftbuchung. Das ist der Grund, warum auch Umwelt- und Sozialverbände dagegen Sturm laufen. Ein Rechtsgutachten der renommierten Umweltrechts-Kanzlei Günther in deren Auftrag hat im Juni ergeben, dass angesichts der geschilderten Lage eine kommunale Wärmeplanung mit Wasserstoff derzeit nicht verantwortbar sei.

Das Verankern einer Gasnetzumrüstung auf Wasserstoff in dieser Planung sei fahrlässig. Wasserstoffgebiete dürften erst mit Vorliegen einer gesicherten Wasserstoff-Versorgung ausgewiesen werden (was schwierig werden dürfte), und zwar im Einklang mit den Klimazielen (was tatsächlich grünen Wasserstoff als Voraussetzung hätte).

Das Bundeswirtschaftsministerium relativierte diesen Passus des Gutachtens zwar in einer Erklärung leicht: Kommunen könnten in ihrer Wärmeplanung ein Wasserstoffnetz zwar ausschließen. Sie seien dazu aber nicht verpflichtet, wenn es an einer verbindlichen Zusage des Gasnetzbetreibers für eine gesicherte Wasserstoff-Versorgung fehle, das gebe der Gesetztext des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) nicht her, so das BMWK. Letztlich werden das wohl die Gerichte prüfen. Klar ist aber, dass die Kommunen ein Wasserstoffnetz rechtssicher ausschließen können. Weder Gaskunden oder Gasverteilnetzbetreiber noch Gasversorger könnten verlangen, dass eine Kommune Wasserstoffnetzgebiete für Haushalte prüft oder festlegt. Kommunen dürften deshalb Fahrpläne zur Umstellung des Gasverteilnetzes auf Wasserstoff auch ablehnen.

Im Übrigen weist das Gutachten kommunale Akteure darauf hin, gut zu trennen zwischen Greenwashing und tatsächlich rechtlichen Anforderungen. Der von Vertreter*innen der Gasindustrie erfundene Prozess des Gasnetzgebietstransformationsplans beispielsweise habe keine rechtliche Relevanz und dürfe keine Grundlage für die kommunale Wärmeplanung sein.