Cornelia Hildebrandt, Michael Brie (Hrsg.)
Die Linke in Regierungsverantwortung
Analysen, Erfahrungen, Kontroversen
Gesellschaftspolitisches Forum am 4. Februar 2006
in der Rosa Luxemburg Stiftung
Ausgangsfragen
Kaum ein anderes Thema wird von den Linken in Lateinamerika, in Asien, in Europa und hier vor allem in Frankreich, Italien, Tschechien, Schweden, Norwegen und auch in Deutschland so heftig und kontrovers diskutiert wie die Frage nach dem „ob“ und dem „wie“ Linker in Regierungsverantwortung. Ist unter neoliberalen Bedingungen genuin linke Politik auf landes-, regionaler oder nationaler Ebene gestalt- und durchsetzbar? Kann sie zur Herausbildung von Voraussetzungen für einen Politikwechsel beitragen oder behindert sie diesen? Worin besteht die Funktion und worin die Attraktivität eines linken Projektes, auch in Regierungsverantwortung? Was ist der Kern notwendiger und zugleich mitreißender Politikangebote zwischen radikaler Kritik der extremen Linken, die Gesellschaftsgestaltung als System stabilisierend nicht zulässt und einer angepassten linken sozialdemokratischen Variante eines sozial abgefederten Neoliberalismus? Wie kann sich die Linke in rot-roten Koalitionen dem Druck parlamentarischer Anpassung entziehen? Wann ist linke Politik in Regierungsverantwortung erfolgreich? Was sind hierfür ihre Maßstäbe? Gibt es gestaltbare Räume und was sind Voraussetzungen für Gestaltung und was heißt es, Prozesse zu gestalten?
Alle diese Fragen lassen sich nicht auf ein „ja“ oder „nein“ zur Übernahme von Regierungsverantwortung reduzieren, zumal hinter dieser Frage die Grundprobleme linker Programmatik und Strategieentwicklung stehen. Das schließt die Einschätzung von Potentialen und Entwicklungsszenarien kapitalistischer Gesellschaften und sich daraus ableitender Optionen der Durchsetzbarkeit von Transformationsprozessen ein. Was kann die Linke unter den Bedingungen des Finanzmarkt- Kapitalismus tun? Was kann sie als Opposition und was als Partei in Regierungsverantwortung durchsetzen? Ohne Analyse der konkreten Kräfteverhältnisse und differenzierten Gestaltungspotentiale auf den unterschiedlichen Ebenen und Politikfeldern wird diese Frage nicht beantwortet werden können.
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