Standpunkte 14/2004
Positionen vor dem Hintergrund empirischer Studien, die durch die RLS gefördert wurden, insb. die Langzeitstudie von Prof. Förster, die in der zweiten Hälfte der 80er Jahre begonnen wurde und mit den gleichen Personen bis heute durchgeführt wird (Jugendliche jetzt 31 Jahre) sowie das Projekt des Hallenser Forschungsinstituts Fokus: »Gesellschaftliche Konfliktlinien und Werteorientierungen«.
Schon lange mehren sich die Zeichen für eine politische Krise. Jene, die den Verfallsprozess der Legitimation der Herrschaft der SED in der DDR erlebt haben, kennen sie: Es beginnt mit dem Umkippen von Zukunftshoffnungen in Zukunftsängste und der sinkenden Bindung an vorhandene politische Projekte und dem Rückzug aus der Politik in das Private (heute auch ablesbar an sinkender Wahlbeteiligung, heftiger Wählerwanderung und schwindender Mitgliedschaft in Parteien und anderen Großorganisationen). Dann kommt es zur Bildung von zunächst kleinen alternativen Organisationen mit hohem Anspruch und symbolischer Ausstrahlung (in der DDR unter dem Dach der Kirche; heute waren die Bildung von ATTAC und die Beteiligung an den Prozessen des Sozialforums entscheidend). Es werden Ventile gesucht (in der DDR die Unterstützung für die sowjetische Perestroika, in der Bundesrepublik die Großdemonstration gegen den Irak-Krieg). Schließlich aber gehen Menschen auf die Straße: gegen die Politik und gegen die Herrschenden – im August und September 2004 waren es Hunderttausende. Das Volk will sich selbst vertreten. Was ist passiert?