Vor den Bundestagswahlen im September 2017 erscheint es gerade auch mit Blick auf die Bewertung des Ergebnisses sinnvoll, einen summarischen Blick auf die zurückliegenden Landtagswahlen nach der Bundestagswahl 2013 zu werfen. Sie waren geprägt von den Erfolgen eines neuen politischen Akteurs, der »Alternative für Deutschland« und harten gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen um die Zukunft des Landes, die vor allem von einer rechten Bewegung (PEGIDA) forciert, von der AfD als Bewegungspartei ins Parteiensystem transportiert und in der Debatte um Zuwanderung und Flüchtlinge auch gewalttätig zugespitzt wurden. Gleichzeitig veränderten sich die außenpolitischen Koordinaten und mit ihnen die Wahrnehmung der Welt, in der das Land agiert und vertreten wird. Einzelne Wahlergebnisse zeugten von großer Bewegung unter den Wahlberechtigten.
Dieser Rückblick auf die Landtagswahlen wiederholt nicht, was in den einzelnen Wahlnachtberichten an Befragungsergebnissen zu Motiven und Sorgen der Wählenden zusammengetragen worden ist. Diese Analyse verzichtet nahezu vollständig darauf, die Gründe für bestimmte Wahlentscheidungen zu ermitteln.
Folgende Fragen werden auf der Basis der Wahlergebnisse und des erfragten Wahlverhaltens behandelt.
- Was sagen die Landtagswahlergebnisse hinsichtlich der Annahme, dass die Offenheit der Wahlberechtigten für andere Parteien zunimmt und auch der tatsächliche Wechsel (Volatilität)? Gibt es eine politische Richtung, in die Offenheit und Volatilität tendieren?
- Trifft die Annahme zu, dass es der AfD gelungen ist, die »Abgehängten« zu mobilisieren?
- Trifft es zu, dass vor allem die AfD Nichtwähler erreichte? Wer profitierte von der ab 2016 gestiegenen Wahlbeteiligung?
- Ist die AfD die neue Arbeiterpartei? Wie setzen sich die Stimmen für die AfD sozial und politisch zusammen?
- Was wählen überhaupt »Arbeiter«? Um diese Frage beantworten zu können, ist eine längere Beschäftigung mit der Frage notwendig, wer das in den Statistiken überhaupt ist: »Arbeiter«. Untersucht wird dann das aktuelle Wahlverhalten von erwerbstätigen Arbeitern vor historischem Hintergrund.
- Wie stellen sich diese Tendenzen für Männer und Frauen, für Junge und Alte dar, wie verteilen sich Offenheit und Volatilität über die Generationen?
- Zum Schluss wird gefragt, wie sich die Verankerung und Mobilisierungsfähigkeit der Linkspartei in den Ländern in den vergangenen zehn Jahren verändert hat.
Die Analyse beruht auf den Daten des amtlichen Wahlergebnisses und den Nachwahlbefragungen von Infratest dimap und der Forschungsgruppe Wahlen. Bei Frage, wer eigentlich »Arbeiter« ist, wird vor allem auf die ALLBUS-Daten zurückgegriffen. Für den Stadtstaaten Bremen und Hamburg stehen diese Daten nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung, insbesondere weil das Wahlrecht es nicht zulässt, die Mehrfachstimmen Personen zuzuordnen. Da für einen Vergleich wesentlich ist, dass die Datengrundlage nicht wechselt, kommt Bremen gar nicht und Hamburg nur vereinzelt in der Analyse vor.
Zur Veranschaulichung sind die behandelten Entwicklungen vielfach auch grafisch oder tabellarisch zusammengefasst. Zur besseren Übersicht sind sie an Seite 21 in einem Anhang zusammengestellt.
Horst Kahrs, Juli 2017