Analyse, Dokumentation und Diskussion der Politik in den Ländern
Landespolitische Themen, Strukturen und Prozesse stehen im Fokus der Analysenreihe #Ländersache. Landtagswahlen sind immer auch Kristallisationspunkte politischer Debatten, Entwicklungen und Entscheidungen. Deswegen blicken wir im Vorfeld dieser Wahlen auf Herausforderungen und politische Chancen auf Landesebene. Wir bieten einen komprimierten und fundierten Überblick über die politische Lage vor Ort, die relevanten politischen Kräfte und Akteure innerhalb und außerhalb der Parlamente, die jüngere politische Geschichte der Region, wichtige Themen und zentrale gesellschaftliche Auseinandersetzungen. #Ländersache heißt daher: praxisnahe politische Bildung entlang politischer Prozesse, Strukturen und Themen in Institutionen und in der Gesellschaft.
Wir erkunden Veränderungs- und Gestaltungspotenzial sowie Chancen progressiver Mehrheiten – in den Parlamenten, Institutionen und in der Gesellschaft. Im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland unterscheiden sich Debatten, Auseinandersetzungen und Herausforderungen auf Landesebene und zu Wahlkämpfen erheblich. Auch werden Landtagswahlen häufig unterschiedliche Bedeutungen zugewiesen, der Einfluss bundespolitischer Trends und Debatten variiert daher stark.
Nach Landesfläche ist der Freistaat Bayern das größte deutsche Bundesland. Mit mehr als 13 Millionen wird seine Bevölkerungszahl nur von Nordrhein-Westfalen (NRW) übertroffen. Seit über 65 Jahren stellt die CSU ununterbrochen den bayerischen Ministerpräsidenten. Erst in der jüngsten Zeit (seit 2008) ist die CSU nach Jahrzehnten der Alleinherrschaft wieder gezwungen, Koalitionsregierungen zu bilden. Diese landesweit sehr stabilen politischen Verhältnisse versprechen zunächst keine besondere Spannung für die Beobachtung bayerischer Wahlen. Und doch sind bayerische Landtagswahlen immer zweierlei: Sie sind wichtiger Gradmesser für politische Stimmungen und Entwicklungen in der ganzen Bundesrepublik und vor allem für Entwicklungen im konservativen Spektrum, aber sie geben auch Auskunft über die Position des Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden in seiner Partei. Nach wie vor besteht der Anspruch und das Selbstverständnis der CSU in einer Alleinregierung in Bayern.
Ministerpräsident Markus Söder hat bereits im Vorfeld der Landtagswahlen des Jahres 2023 erklärt, die Kanzlerkandidatur der Union zur Bundestagswahl 2025 nicht anzustreben. Das mag man ihm für den Moment glauben, aber selbst dann ist das Wahlergebnis in Bayern der entscheidende Hebel für den Einfluss der CSU im Bund. Als bayerische Regionalpartei hat sie keine weiteren Quellen eigenen Machtanspruchs.
Auch wenn Wahlgänge in Bayern für die Opposition im Land oft eher deprimierende Anlässe sind, werden die Ergebnisse von hohem Interesse sein. Für die Grünen, die bereits seit einigen Jahren die Rolle des Oppositionsführers von der SPD übernommen haben, könnte sich nach der Landtagswahl eine Option für eine weitere schwarz-grüne Koalition ergeben. Aber auch weitere Juniorpartner bieten sich der CSU an, allen voran die bereits regierenden Freien Wähler, aber auch die FDP, sollte ihr der Einzug ins Maximilianeum gelingen.
Die Frage ist also, ob es Markus Söder gelingen kann, den schlechten Trend für die Parteien der Ampelkoalition in Bayern in einen konservativen Wahlsieg umzumünzen. Einzig gültiges Anzeichen für einen solchen Sieg müsste der Wiedergewinn der absoluten Mehrheit sein.
Andreas Thomsen, Stellvertretender Leiter des Bereichs Bundesweite Arbeit der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Zum Autor
Dirk Farke ist Politologe und arbeitet als freier Journalist.